"Müssen wir angemessen behandeln": Stadtrats-Fraktion fordert Umdenken im Umgang mit Tauben

München - Vor dem Zweiten Weltkrieg fanden die Menschen Tauben noch recht nützlich. "Sie waren Lieferanten für Eier und Fleisch", erzählt Verena Duschl. Sie ist die Vorsitzende des Vereins "Einsatz für Tiere", der sich um Tierschutz im Allgemeinen und die Taube im Speziellen kümmert. Weil Tauben anders als Hunde oder Katzen keine Lobby haben, sagt Duschl.
"Nach dem Krieg wurden Tauben obdachlos und nutzlos", sagt die 32-jährige Tierschützerin "Denn die Menschen wollten nun lieber Hühner halten." Besonders beliebt sind Tauben heute nicht mehr. Doch die Eigenschaften, die der Mensch ihnen anzüchtete, seien geblieben. Dass sie viele Eier legen. Und dass sie immer wieder an denselben Ort zurückkehren.
Der Versuch, Tauben zu vergrämen, muss also scheitern. So erklärt es zumindest Verena Duschl. Und eigentlich hat auch der Münchner Stadtrat bereits 2008 eine andere Strategie beschlossen. Vorbild dafür ist die Stadt Augsburg. Sie betreibt mehrere betreute Taubenschläge im Stadtgebiet, in denen Tauben versorgt und ihre Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden. Das soll ihre Population verringern.
Im Alten Rathaus in München gibt es ein Taubenhaus
Ein paar Taubenschläge wurden auch in München eröffnet. Zum Beispiel gibt es seit Dezember 2022 im Dachspeicher des Alten Rathauses ein Taubenhaus. Duschls Verein kümmert sich darum, ihn regelmäßig zu reinigen, Wasser und Futter nachzufüllen und die Eier einzusammeln. Seit seiner Gründung 2021 habe der Verein insgesamt fünf Standorte für neue Taubenhäuser gefunden. "Die Stadt hat dem Ganzen aber lange viel zu wenig Gewicht gegeben", sagt Duschl. Sie vermutet auch, dass es selbst in der Verwaltung viele Vorurteile gegen Tauben gebe.
ÖDP will neue Taubenhäuser: Viele Vorurteile gegen Tauben stimmen nicht
"Ratten der Lüfte" werden Tauben zwar genannt, doch nachgewiesenermaßen übertragen sie keine Krankheiten. Verena Duschl freut sich deshalb, dass die ÖDP mit mehreren Anträgen neue Taubenhäuser auf den Weg bringen möchte. Zwei Standorte davon habe sie dem Rathaus sogar schon einmal vorgeschlagen, erzählt Duschl: Das Dach des städtischen Hochbunkers in der Riesenfeldstraße würde sich ihrer und nach Ansicht der ÖDP gut für ein Taubenhaus eignen. Doch alle möglichen Gründe hätte die Verwaltung gefunden, dieses abzulehnen, schildert Duschl. Der Brandschutz sei nicht gewährleistet, die Statik sei nicht ausreichend. Nachvollziehen kann sie nichts davon.
Auch der Vorschlag eines neuen Taubenhauses auf dem Dach des Neubaus der FOS/BOS in der Orleansstraße 44 stieß bislang auf Ablehnung, erzählt Duschl. Dabei habe der Bezirksausschuss das Taubenhaus sogar selbst beschlossen. Duschl vermutet, dass manche Referate selbst gar nicht auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand sind. Sie begrüßt deshalb, dass die ÖPD auch beantragt, dass alle Mitarbeiter korrekte Informationen zu den Tieren bekommen.
Ein Taubenhaus im Justizpalast in München?
Weitere Taubenhäuser schlägt die ÖDP im Speicher des Justizpalastes und am Pasinger Bahnhof vor. "Tauben sind sicher nicht die beliebtesten Tiere in unserer Stadt", sagt ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff. "Aber sie sind Lebewesen, die wir angemessen behandeln müssen und wollen."
Er ist überzeugt: "Durch Taubenhäuser, in denen die Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, können wir die Taubenpopulation deutlich und trotzdem tierfreundlich reduzieren."