Münchnerin (30) während Pegida-Demo von Polizei gefesselt

Jenny K. (30) gerät zufällig in eine Kundgebung auf der Lindwurmstraße. Sie hat keinen Ausweis dabei. Jetzt steht sie wegen Beleidigung vor Gericht.
von  Nina Job
Jenny K. mit dem Strafbefehl über 2500 Euro, gegen den sie Einspruch einlegte. An ihrem Arm sind noch Spuren der Polizei-Handschellen zu sehen.
Jenny K. mit dem Strafbefehl über 2500 Euro, gegen den sie Einspruch einlegte. An ihrem Arm sind noch Spuren der Polizei-Handschellen zu sehen. © Nina Job, privat

München - Sie wollte kurz vor Ladenschluss nur noch schnell etwas einkaufen. Doch auf der Lindwurmstraße demonstrierten am 2. Februar 2015 Pegida-Anhänger und Gegendemonstranten. Die Münchnerin Jenny K. (30) geriet in die Kundgebung, weil sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite zum Tengelmann wollte – jetzt steht sie wegen Beleidigung von Polizisten vor Gericht. „Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht. Ich wurde gefesselt, dreieinhalb Stunden festgehalten und musste mit auf eine mobile Wache. Und jetzt drohen mir Gerichtskosten und eine Strafe von mehreren tausend Euro.“

Jenny K. kam an jenem Montag erst abends mit einer Kollegin aus der Arbeit. Sie parkte ihr Auto in der Nähe des Bavariaringes und wollte zu ihrem Freund. Vorher wollte sie noch fürs Abendessen einkaufen. „Ich habe einen Polizisten gefragt, ob ich über die Lindwurmstraße gehen darf. Aber er hat mich nicht durchgelassen. Da bin ich durch den U-Bahnhof Goetheplatz gegangen und habe dort mehrere andere, sehr nette Polizisten gefragt. Die haben mich passieren lassen. Doch das hat dem ersten Beamten wohl missfallen“, schildert Jenny K. die Situation.

Die Polizisten fesselten sie mit Handschellen

Jedenfalls kam es – als sie mit Lauch, Salat und Bio-Tomaten im Arm aus dem Tengelmann herauskam – zu einer verbalen Auseinandersetzung. Schließlich wurde sie von ihrer Kollegin separiert und in einen Hauseingang gedrängt. Problem: Jenny K. hatte keinen Ausweis dabei, sondern nur eine EC-Karte – die sie den Beamten auch aushändigte. Trotzdem nahmen die Polizisten sie zur Personalienfeststellung vorläufig fest – und fesselten sie sogar mit Handschellen. Das war völlig unverhältnismäßig“, sagt die 30-Jährige.

"Sind Sie denn alle verrückt?"

Um so fassungsloser war Jenny K., als sie Monate später eine Anzeige wegen Beleidigung bekam. Über ein Jahr nach den Ereignissen folgte ein Strafbefehl. Sie hatte – nachdem sie immer wieder erklärt hatte, dass sie keinen Ausweis dabei hat und mehrmals zu einem Beamten gesagt hatte, dass er ihr weh tue, aufgewühlt gerufen: „Sind Sie wahnsinnig?“ und „Sind Sie denn alle verrückt?“ Diese Sätze sind unbestritten, denn es gibt ein Polizeivideo.

Laut Polizei soll sie einem Beamten außerdem einen Stinkefinger gezeigt und ihn als „Idiot“ beschimpft haben. Das bestreitet Jenny K. – und das ist auf dem Video auch nicht dokumentiert. Stattdessen ist auf dem Video, das der AZ vorliegt, zu hören, wie ein Polizist zu ihr sagt: „Ja, ich tu ihnen weh!“

Gegen den Strafbefehl über 2500 Euro legte Jenny K. Einspruch ein. „Ich dachte, ich kann meine Unschuld beweisen.“ Doch nun muss sie wohl mit Gerichtskosten und einer Strafe von mehreren tausend Euro rechnen. Heute um 15.30 Uhr geht der Prozess im Amtsgericht in der Nympenburger Straße weiter.

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