Münchner Wohn-Wahnsinn: Schlimmer geht's nimmer
MÜNCHEN Eine Million Mal tippen Menschen täglich ihre Wunschvorstellungen in die Suchmaske von Immobilienscout 24. Eine Million, die auf der Suche sind: Nach einer bezahlbaren Mietwohnung zum Beispiel. Oder nach einem Apartment als Altersvorsorge.
Michael Kiefer ist Chefanalyst des Immobilienportals und kennt die Wünsche der Münchner – und auch, wie sie mit der Realität auseinanderdriften. Gerade Privatleute und Mittelständler wollen in Krisenzeiten eine Immobilie als sichere Geldanlage erwerben. Aber: München ist praktisch ausverkauft.
Auf 1000 Einwohner kommen in Nymphenburg 19 Wohnungsangebote, in der Maxvorstadt 17, in Solln 19 und in der Altstadt 45. Es gibt 7,2 Prozent mehr Nachfragen als Angebote. In den vergangenen zwölf Monaten sind die Kaufpreise um fast elf Prozent in die Höhe gegangen (seit 2007 um 33 Prozent), die Zinsen sind historisch niedrig.
Dramatischer gestiegen ist der Kaufpreis in Hamburg (12,7%) und Berlin (13,4%). „Hamburg hat eine ähnliche Situation wie München“, sagt Kiefer. „Dort entsteht wenig neuer Wohnraum, die Stadt ist aber ein interessanter Wirtschaftsstandort und zieht die Leute an.“ Berlin hingegen entwickle sich rasant, dort stiegen die Preise enorm: „Dort entstehen ganz neue Stadtteile. Orte wie Neukölln, früher No-Go-, jetzt Trendviertel.
Und in Berlin ist viel Luft nach oben, was die Preise angeht. Es ist nach wie vor viel zu billig. Es gibt sie noch: Quadratmeter-Mietpreise, bei denen Münchnern Tränen in die Augen steigen.“
Die Miete ist im Vergleich zu den Kaufpreisen nicht so extrem angestiegen: In den letzten zwölf Monaten in München um 4,4 Prozent, und damit hinter Frankfurt (4,6%), Hamburg (5,4%) und Berlin (6,5%). „In München ist die Obergrenze erreicht“, sagt Kiefer. „Nirgendwo sonst geben die Leute so einen hohen Prozentsatz für Miete aus, mehr ist nicht mehr bezahlbar.“
Er sieht die Miete vielleicht noch etwas ansteigen und dann auf diesem hohen Niveau stagnieren. „Billiger wird es nicht mehr.“
Münchens Problem: „München ist die Stadt mit dem höchsten Zuzug, baut aber viel zu wenig“, sagt Kiefer. Das knappe Angebot halte die Preise hoch. Und das werde sich so schnell nicht ändern.
Das gilt nicht für ganz Bayern – aber einige Städte profitieren von dem München-Boom, weil die Leute in angrenzende Städte auswandern und zu Pendlern werden: Ingolstadt zum Beispiel. Oder Augsburg. Hier schätzen die Leute vor allem zentrale Lage, wie in München. In Ingolstadt liegt der Quadratmeter-Kaufpreis in der Innenstadt bei 2383 Euro. In Augsburg zieht es die Leute in die City, nach Hochfeld (je1962 Euro pro Quadratmeter) oder nach Pfersee (1735 Euro/Quadratmeter).
„Ich empfehle, in eine Wohnung zu investieren, in der man mindestens zehn Jahre selbst gern wohnen würde“, sagt Kiefer. „Und natürlich in eine, die man sich leisten kann.“ Wenn der Münchner sich nach einer Wohnung zum Kauf umsieht, schielt er gern ins Lehel, wo der Quadratmeterpreis bei 6378 Euro liegt, oder in die Maxvorstadt (5581 Euro).
Ausweichviertel, wenn in der Innenstadt nichts geht, ist immer öfter Thalkirchen: Dort liegt der Quadratmeterpreis bei 4689 Euro. Michael Kiefers Tipp, wenn in der Innenstadt nichts zu finden ist: „Alt-Moosach. Ein schönes Viertel mit einem dörflichen Kern.“
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