Münchner Wirte-Legende: Volkssänger Johann Stephan Kern

Grüaß Enk Gott alle miteinander." So schmetterte die Kapelle los, sobald die unterirdische Halle des direkt gegenüber dem Westportal des Liebfrauendoms gelegenen Metropol Punkt 10 Uhr vormittags aufmachte und die ersten Gäste zum Frühschoppen einkehrten.
Johann Stephan Kern als "bester Frühschoppenveranstalter"
Karl Valentin rühmte den Wirt Johann Stephan Kern als "besten Frühschoppenveranstalter" seiner Zeit. Punkt 13 Uhr war aber schon Schluss, dann kam der Rausschmeißer.

Bis dahin jedenfalls wurde "prima Bock" ausgeschenkt, die Halbe für 20 Pfennig. Dies war in München eine Novität, denn wo bislang das Bockbier nur im Mai geflossen war, wurde es bei Kern jetzt permanent ausgeschenkt.
Dazu wurden "Bockliederheftln" mit 50 (vorwiegend Wiener) Titeln verteilt, die täglich lauthals abgesungen wurden, angeführt vom Wirt und begleitet von den schmissigen Klängen der hauseigenen Kapelle "Zaska" unter Leitung des ungarischen Kapellmeisters Anton Zaska.
Serviert wurden vorzugsweise Schnadahüpfeln wie etwa: "Die Brauer, die brau'n jetzt mit Dampfkraft das Bier. Die Kraft b'haltens selber, den Dampf, den kriag'n mir."
In München als singender Wirt "Papa Kern" bekannt
Dieser Johann Stefan Kern, am 5. Januar 1844 im oberpfälzischen Pyrbaum geboren, etwa zeitgleich mit den ersten Volkssängern in München und als singender Wirt "Papa Kern" bekannt, war ein typisches Urviech, ein g'schaftiger Wirt wie aus dem bayerischen Bilderbuch.
Angefangen hatte er als Oberkellner, um dann das Metropol 24 Jahre lang höchst erfolgreich zu führen. Beschrieben wurde er einmal so: "Untersetzt, breit, lebendig und beweglich, scharfer Blick der leuchtenden Augen, ringgeschmückte Hände, knallrote Krawatte, Schmachtlocken, geschniegelt und gebügelt, und ein täglich frisch hergerichteter Bubikopf.
Ja, eitel war Papa Kern schon, aber nicht stolz." Ein bisschen extravagant war er wohl auch. Immerhin soll er das erste Hochrad in München gefahren haben.
Der Wirt selbst trank nur "Schorlemorle" aus dem Steinkrug
Ab und zu trat auch ein Zauberer bei Kern auf. Als "Goliath" berühmt war der Bassgeiger. Der konnte "saufen wie zwei Löcher", wie der Wirt bekundete. Er selbst trank nur seine "Schorlemorle" aus dem Steinkrug.
Kern hat mit seinem Wirtshaus in bester Altstadtlage zu Zeiten der florierenden Volkssängerkunst ein ordentliches Vermögen angehäuft. In München galt damals die Parole: "In der Früh zum Papa Kern, am Nachmittag zum Papa Geis und am Abend zum Anderl." (Andreas Welsch spielte die Rolle des "Gscheerteb" unter den Volkssängern).

Schulden zwangen Kern zum Verkauf der Wirtschaft
Trotzdem verschuldeten sich Kern und seine Frau dermaßen, dass sie am 6. September 1887 die Wirtschaft an die Münchner Industriebank verkaufen mussten. Versuche, die beliebten Frühschoppen mit Zaska und seiner Kapelle andernorts wieder aufleben zu lassen, scheiterten.
"Papa Kern" verstarb am 9. November 1910 mit 66 Jahren, einsam und in ärmlichen Verhältnissen. Begraben wurde er auf dem Friedhof der Augustiner.
Erinnerungen an das Metropol
An der Stelle des Metropol hat heute immer noch die Münchner Bank ihr Firmenschild. An die einstige Hochburg der Volkssänger erinnern allenfalls historische Ansichtskarten mit Texten wie:
"O Freunderl, wie ist mir so wohl!
Bei Papa Kern im Metropol.
An diese Hetz und dies Plaisir -
Bleibst Bockglas du mein Souvenir,
Drum Metropol du bist mei Freud' -
und bleibst's in alle Ewigkeit."