Münchner werden bei Demos laut: "Teilweise sogar zwei Nebenjobs"

München - Vor der McDonalds-Zentrale in der Drygalski-Allee in Obersendling hat sich am Montagmorgen eine kleine Traube an Menschen versammelt. Sie tragen gelbe und orangene Warnwesten und laufen aufgeregt hin und her. "Für viele von ihnen ist das der erste Streik", sagt Caner Demir und lächelt stolz.
Für fairen Lohn: Nordsee-Mitarbeiter zum Streik aufgerufen
Er ist Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die NGG hat die Beschäftigten der Kette Nordsee zum Streik aufgerufen. Caner Demir erklärt: "Die Branche der Systemgastronomie ist eine Mindestlohnbranche. Das heißt, viele Kolleginnen und Kollegen verdienen gerade 12,61 Euro. Mit knapp über dem Mindestlohn ist man in einer Stadt wie München armutsgefährdet."
Fast-Food-Ketten wie McDonalds, Burger King, Nordsee und Co. sind Mitglied beim Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) und somit an den Tarif der BdS gebunden. Demir ist aufgebracht. In den letzten Tagen und Wochen hat er verschiedene Filialen von Nordsee besucht und sich die Not der Mitarbeiter schildern lassen.
NGG-Gewerkschaftssekretär: "Teilweise haben sie sogar zwei Nebenjobs"
"Einige haben noch einen Nebenjob, teilweise haben sie sogar zwei Nebenjobs, berichten sie mir." Neben ihm steht eine Verkäuferin der Nordsee-Filiale im Olympia-Einkaufszentrum. "Ich bin seit 20 Jahren dabei und ich bekomme kaum mehr Gehalt als Leute, die neu anfangen", sagt Myrvete Kaciu.

Aktuell arbeitet die 54-Jährige als Teilzeitkraft. Sie hatte einen Bandscheibenvorfall und hat viele Operationen hinter sich. "Aber trotzdem arbeite ich weiter." Es würde sie niemand dazu drängen, aber Myrvete will ihre Kollegen nicht im Stich lassen, sagt sie. Deshalb sei sie auch schon öfters krank zur Arbeit erschienen.
Geringer Lohn und unterbesetzte Teams – ein Teufelskreis?
"Die Arbeit ist zu viel, das überfordert uns manchmal", erzählt die Nordsee-Verkäuferin. Vor allem, weil sie nicht mehr so viele Mitarbeiter wie früher seien. Dieses Problem bestätigt auch der NGG-Gewerkschaftssekretär Demir: "Der Job ist Stress pur. Auch weil die Teams unterbesetzt sind. Dazu kommt, dass schwer Mitarbeiter gefunden werden, da der Lohn so niedrig ist." Klingt nach einem Teufelskreis.
Den will die motivierte Streikgruppe nun endlich durchbrechen. Die Gewerkschaft hatte die vierte Runde der Tarifverhandlungen Anfang Dezember "aufgrund der Blockadehaltung der Arbeitgeber ohne Ergebnis bereits am ersten Verhandlungstag abgebrochen", schreibt die NGG. Jetzt soll noch einmal deutlich gemacht werden, wie ernst die Lage der Mitarbeiter von Branchengrößen wie Nordsee ist. Mit lauter Stimme fordern sie: "Wir wollen 15 Euro!" Eine ehemalige Filialleiterin fügt entschlossen hinzu: "15 Euro würde uns den Respekt zeigen, den man vor den Mitarbeitern haben sollte."
Radentscheid München protestiert gegen die Streichung von Investitionen in die Radinfrastruktur
Die NGG ist nicht die einzige Vereinigung, die am Montag in der Stadt laut wird. Der Radentscheid München macht am Marienplatz mit einer Protestaktion auf die gestrichenen Investitionen in die Münchner Radinfrastruktur aufmerksam. 2020 wurden dafür 1,6 Milliarden Euro versprochen.

Das Bündnis Radentscheid schreibt: "Das streicht Rot-Grün jetzt komplett, angeblich wegen der schwierigen Haushaltslage." "Ich verstehe, dass man sparen muss", erklärt Andreas Schön, Sprecher des Radentscheids.
Aber das Maß an der Einsparung bei der Radinfrastruktur könne er nicht nachvollziehen und nennt es einen "Bruch des Wahlversprechens". Das möchte man so nicht einfach hinnehmen und hat sich deshalb heute vor dem Münchner Rathaus "entschieden dagegen gewehrt", schreibt der Radentscheid München Montagnachmittag.
Gewerkschaft Verdi: "Zwei-Klassen-Systems unter den Beschäftigten" muss enden
An der Uniklinik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) am Standort Großhadern protestieren am Montag Reinigungskräfte der Klinikum der Universität München Dienstleistungs GmbH (KMD). Sie fordern ein Ende des "Zwei-Klassen-Systems unter den Beschäftigten". Die KMD ist eine ausgegliederte Tochtergesellschaft des LMU-Klinikums.
Die Gewerkschaft Verdi schreibt: "Während viele Beschäftigte der Uni-Klinik seit über 20 Jahren eine Ballungsraumzulage in Höhe von aktuell etwa 136 Euro monatlich erhalten, gehen die Reinigungskräfte der ausgegliederten Tochtergesellschaft leer aus." Auch bei anderen Leistungen, wie der Zuteilung von Dienstwohnungen, herrsche ein Ungleichgewicht zu den Beschäftigten der Uniklinik. Das soll jetzt ein Ende haben.
Kundgebung am Odeonsplatz nach Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad
Ein Ende erreichte eine andere Gruppe. Tausende Menschen feierten in München am Sonntag den Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Etwa 6000 Menschen gingen auf die Straßen. Die Kundgebung am Odeonsplatz verlief nach Polizeiangaben ohne besondere Vorkommnisse.