Münchner werden Augsburger: Neue Kauf- und Mietpreise im Vergleich

München - Genaue Zahlen gibt es noch keine. Doch Immobilienfachmänner wie Florian Schreck stellen seit der Pandemie fest, dass viele Münchner Geld sparen wollen und nach Augsburg ziehen.
Bisher liegt Augsburg unter den Münchner Verhältnissen
Auch Homeoffice macht es möglich. "Ausweicheffekte aus München" nennt das Schreck und sagt: "Augsburg ist eben eine schöne Stadt mit einem stabilen Arbeitsmarkt."
Das Preisniveau in Augsburg mit fast 300.000 Einwohnern liegt noch deutlich unter den Münchner Verhältnissen. Das kann sich lohnen. Vor allem dort, wo man schnell auf die A8 Richtung München fahren könne - hin und wieder muss man ja doch beim Chef antanzen - oder dort, wo der Hauptbahnhof nicht weit ist, sei die Nachfrage bei Münchner Auswanderern besonders groß.
Wer sich eine Immobilie in München kaufen möchte, sagen wir eine Eigentumswohnung im Bestand, zahlt derzeit im Schnitt 9.000 Euro je Quadratmeter. Für eine Neubauwohnung ist's ein bisserl mehr: 11.000 Euro. Für eine Doppelhaushälfte sind 1,575 Millionen Euro fällig.
2,1 Millionen Euro kostet ein Münchner Einfamilienhaus derzeit
Und für die seltenen Einfamilienhäuser ist zuletzt eine weitere Schallmauer durchbrochen worden: 2,1 Millionen Euro durchschnittlich kostet das - wenn überhaupt eines zum Verkauf steht. Noch 2011 kostete das Münchner Einfamilienhaus 850.000 Euro.
Viele Augsburger weichen bereits nach Landsberg aus
Das alles sieht in Augsburg noch erschwinglicher aus: 770.000 Euro für das Einfamilienhaus, 675.000 Euro für die Doppelhaushälfte und 4.200 Euro je Quadratmeter für die Eigentumswohnung im Bestand. Das ist zwar teurer als im Norden Münchens, wie in Markt Indersdorf (3.600 Euro je Quadratmeter) oder Petershausen 3.760 Euro je Quadratmeter).

Aber dafür lebt man in einer größeren Stadt wie Augsburg mit all ihrer Attraktion und ihren Möglichkeiten. Die Anziehungskraft sei mittlerweile so groß, dass "bereits viele Augsburger wegen der steigenden Mieten nach Landsberg ausweichen, dem Nachbarlandkreis", sagt Immobilienfachmann Schreck.
Das Gegenteil: Der Ingolstädter Wohnungsmarkt
In einem Drei-Städte-Vergleich listet eine aktuelle Statistik des Marktforschungsinstituts IVD Süd auch auf, wo derzeit der Immobilienmarkt - man glaubt es kaum - nicht verrückt spielt. Nämlich in Ingolstadt. Hier stagnieren die Preise.
Grund dafür sei hauptsächlich der geringe, kaum wahrzunehmende Zuzug. Derzeit wohnen hier etwa 137.000 Menschen. "Wer in Ingolstadt eine Wohnung möchte, der kriegt sie auch", fasst das der Ingolstädter Immobilienexperte Elmar Zieglmeier zusammen. In den letzten fünf Jahren sanken hier Miet- und Kaufpreise sogar.
Wer soll sich die Münchner Preise noch leisten können?
Seit Audi von der Dieselkrise getroffen wurde, stagniere der Immobilienmarkt deutlich, sagt Zieglmeier. Er nennt die Situation "entspannt". Wer hier eine Eigentumswohnung im Bestand kaufen möchte, zahlt in etwa so viel wie in Petershausen: 3.700 Euro je Quadratmeter. Trotzdem ist Zieglmeiers Prognose, dass ein Zuwachs bei Ingolstädter Immobilienpreisen von 1,5 bis drei Prozent in den kommenden Jahren realistisch sei.
Ist das also zur Zeit das einzige Szenario, in dem die Immobilienpreise stagnieren oder fallen, wenn die Zuwanderung in die Stadt abbrechen sollte - auch für München? Laut einer Prognose werden im Jahr 2040 mehr als 1,6 Millionen Menschen hier leben. Derzeit sind es etwa 1,56 Millionen (2020).
Zumindest ist die steigende oder sinkende Nachfrage offenbar essenziell dafür, wie sich der Immobilienmarkt in den nächsten Jahren entwickelt. Bei einer immer größer werdenden Nachfrage wie in München liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Mieten (Bestand) inzwischen bei 18,30 Euro - hieße also bei einer Hundert-Quadratmeter-Wohnung: 1.830 Euro Kaltmiete. Und es stellt sich immer dringender die Frage, welcher Durchschnittsverdiener sich das künftig noch leisten können soll.
Große Bautätigkeit hat einen magnetischen Effekt
Schon jetzt ist bei vielen Familien das Zittern davor groß, wenn nach Jahren der nächste Umzug ansteht, weil sich der Mietzins in manchen Fällen verdoppeln könnte. Stephan Kippes vom Marktforschungsinstitut IVD sagt: "Zuwanderung ist nicht der alleinige Faktor, genauso wie es nicht der alleinige Entspannungsfaktor ist, dass mehr Wohnungen gebaut werden."
Man müsse die Gesamtzusammenhänge sehen: Eine größere Bautätigkeit habe einen magnetischen Effekt. "Sie müssen vor allem den verstärkten Neubau als regionalen Effekt sehen", sagt Kippes. Wenn mehr gebaut werde, würden schließlich auch mehr Neu-Münchner aus anderen Städten angezogen.
Nullzinspolitik der Zentralbank kurbelt Immobilienbranche an
Der Münchner Immobilienmarkt jedenfalls boomt weiterhin - auch in ganz Bayern. Darauf weisen die aktuellen IVD-Zahlen hin. Im Jahr 2021 wurden landesweit sagenhafte 72 Milliarden Euro in der Immobilienbranche umgesetzt - auch dank der jahrzehntelangen Nullzinspolitik der Zentralbanken.
Da lohnt sich ein Zehn-Jahres-Vergleich: 33,7 Milliarden Gesamtumsatz waren das noch im Jahr 2011. Eine Verdoppelung also. "Die Leute suchen weiterhin verzweifelt nach sicheren Anlagemöglichkeiten, vor allem auf dem Immobilienmarkt", sagt Kippes.