Münchner SPD und Grüne spotten über Söders Plan zu Billig-MVV-Ticket

München - A bisserl Wien wagen: Österreichs Hauptstadt gilt in München politisch oft als Vorbild. Hunderttausende bezahlbare Mietwohnungen in der Hand der Stadt, alten Charme bewahrt. Und: einen fast kostenlosen Nahverkehr für die Wiener. Seit 2012 gibt es dort das 365 Euro-Ticket. Mit der Jahreskarte können die Wiener fahren, so viel sie wollen – und Pendler aus dem Umland günstig in die Stadt und wieder heraus. Die Idee gilt als Erfolgsmodell.
Söder: 1 Euro pro Tag für öffentliche Verkehrsmittel
Und ist deshalb auch in München schon länger im Gespräch. Grünen-Stadtrats-Fraktionschef Florian Roth etwa hat die Günstig-Karte immer wieder ins Spiel gebracht. So richtig ernst nahmen das bisher die meisten aber nicht. Was sich ändern könnte. Denn am Freitag erklärte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dessen Wahlkampf-Motor derzeit immer lauter und lauter röhrt, das Ticket einführen zu wollen. In München und den anderen bayerischen Großstädten. Bis 2030. Unser Ziel ist ein Euro pro Tag für den ÖPNV, sagte Söder. "Egal wie lange und wie oft man fährt. Bayern will neue Wege bei der Luftreinhaltung gehen und eine deutliche Stärkung des ÖPNV."
Laut Söder laufen bereits Verhandlungen mit dem Bund über die Finanzierung. "Der Bund fördert die Verbesserung der Luftreinheit", sagte er. "Der Freistaat geht aber in Vorleistung und zahlt auch kräftig mit." Söder sprach von einer "großen Chance für die Verkehrswende", die die Fahrgastzahlen "deutlich erhöhen" werde. Im Rathaus finden fast alle die Idee gut. Aber dass Söder sie jetzt plötzlich im Wahlkampf aufgreift, erscheint manchem offenbar etwas absurd.
Dieter Reiter: "Nicht reden, sondern machen!"
"Nicht reden, einfach machen, Herr Söder!", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Freitag. Münchens SPD-Vize Roland Fischer sagte: "Allein die aktuelle geplante MVV-Tarifreform wird zu Mindereinnahmen von bis zu 34,5 Millionen Euro im Jahr führen. Davon zahlt die Stadt München 75 Prozent und die Landkreise 25 Prozent. Der Freistaat beteiligt sich mit 0 Euro. Noch Fragen zur Glaubwürdigkeit?" Auch SPD-Stadträtin Simone Burger verwies auf die Verhandlungen. "Vom Freistaat heißt es immer nur, München dürfe nicht bevorzugt werden."
Söder nimmt Grünen-Vorschlag auf
Der Grüne Florian Roth sagte süffisant: "Wir freuen uns immer, wenn Forderungen von uns aufgegriffen werden." Söders Parteifreunde im Rathaus unterstützen ihn grundsätzlich. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl betonte aber, auch die Finanzierung des Tickets müsse gewährleistet sein. Klingt nicht, als glaube er, dass Söders Plan bereits genau durchkalkuliert ist.