Münchner SPD feiert: 150 Jahre Leidgenossen aus Tradition

In ihrer Geschichte hat sich die Münchner SPD immer wieder aus großen Krisen befreien müssen. Nun wird die Partei 150 Jahre alt.
von  Florian Zick
Thomas Wimmer überreicht Hans-Jochen Vogel die Amtskette, 1960.
Thomas Wimmer überreicht Hans-Jochen Vogel die Amtskette, 1960. © Archiv SPD München

München - Man muss es leider so sagen, auch wenn es für eingefleischte Sozialdemokraten schmerzhaft ist: Mit großen Zahlen hatte die SPD jüngst ja nun wahrlich nichts mehr zu tun: Gerade einmal noch 9,7 Prozent waren's bei der Landtagswahl vergangenes Jahr.

Da hat die Partei schon deutlich bessere Zeiten erlebt. Eine große Zahl gibt es allerdings: Die Münchner Sozialdemokratie wird 150 Jahre alt. Am Freitagabend wird tüchtig gefeiert. Und wie ein Blick in die Historie zeigt, gibt es für die Sozen auch bei der aktuell eher mäßigen Lage keinen Grund zu verzweifeln.

Leicht hatte es die SPD nie – und trotzdem hat sie sich immer wieder aufgerappelt. Seinen Anfang nahm am 1. März 1869. Das war der Tag, als es dem Schriftsetzer Leonhard Tauscher zu bunt wurde. Ein Arbeitstag hatte damals bis zu 16 Stunden. Urlaub gab's nur drei bis vier Tage im Jahr. Und Dienstboten? Die hatten abends nur Ausgang, wenn das den Herrschaften auch recht war.

Start der SPD: "Besprechung der Arbeiterfrage" 

Per Aushang lud Tauscher die Bevölkerung in die Nordendhalle in der Theresienstraße ein. Thema: "Besprechung der Arbeiterfrage". 70 Besucher füllten in der Gaststätte spontan einen Mitgliedsantrag aus. Es war die Geburtsstunde des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins in München. Der Vorgänger der SPD war gegründet.

Mit der großen Revolte war es dann freilich schnell wieder vorbei. Vereinen war politische Agitation damals streng verboten. Bis 1878 strengte die Obrigkeit deshalb allein in München 568 Verfahren gegen missliebige SPDler an. Den Rest besorgten dann Bismarcks Sozialistengesetze.

Trotzdem war die SPD nicht kleinzukriegen. Das lag vor allem an dem massiven Zuzug. Zwischen 1878 und 1890 verdoppelte sich die Einwohnerzahl auf 331.000. Um 1900 lebte schon eine halbe Million Menschen in der Stadt. Die Folge war eine massive Wohnungsnot. Die Mieten stiegen, es wurde wie wild gebaut – das kennen wir auch heute wieder.

Eduard Schmid war erster Münchner SPD-OB

Für die SPD war diese Misere ein Glücksfall. Die Not trieb ihr scharenweise Anhänger zu. Vor allem die Ausgebeuteten, die Armen und Rechtlosen setzten ihre Hoffnung in die Sozialdemokratie – und von denen gab es damals genug. Am 14. Dezember 1914 stieg die SPD deshalb erstmals zur stärksten Fraktion im Rathaus auf.

Fünf Jahre später stellten die Roten mit Eduard Schmid auch erstmals den OB. Mit dem Aufkommen der Nazis brachen dunkle Zeiten an in München. Am 9. März 1933 setzten die Nationalsozialisten Ritter von Epp als Reichskommissar für Bayern ein. Heinrich Himmler wurde zum Münchner Polizeipräsidenten ernannt. Um 18 Uhr wurde am Rathaus die Hakenkreuz-Flagge gehisst.

In den nächsten Tagen beschlagnahmten die Nazis das Parteivermögen der SPD. Am 22. Juni wurden die Sozialdemokraten zu Volksfeinden erklärt. In der Folge wurden alle Mandatsträger verhaftet, viele kamen in Konzentrationslager, etwa nach Dachau.

Thomas Wimmer an der Spitze: SPD gründet sich neu

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man sich wieder gefahrlos zur Sozialdemokratie bekennen. Die Wiedergründung der SPD erfolgte am 2. März 1946. Zum Start zählte sie 6.500 Mitglieder in München. Erster Vorsitzender: Thomas Wimmer. Mit jenem Wimmer begann dann auch eine lange sozialdemokratische Ära in München. Ein roter Oberbürgermeister folgte auf den anderen.

Nur Erich Kiesl hat sich Ende der 70er, Anfang der 80er für die CSU mal dazwischen gedrängt. Als Wimmer das Rathaus übernahm, herrschte in München ein altbekanntes Problem: Viele Häuser waren zerbombt, es gab einfach zu wenige Wohnungen.

Und das mit dem Wohnungsmangel, das war etwas, mit dem Jahrzehnte später auch Hans-Jochen Vogel umgehen musste oder heute eben Dieter Reiter. Wie man also sieht: Die SPD hat sich immer wieder befreien können – auch aus viel schwierigeren Situationen als heute.

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