Münchner Schandfleck: Willy-Brandt-Platz - Vision und Wirklichkeit

MÜNCHEN - Schandfleck: Am Willy-Brandt-Platz in Riem sollte es ein Kino geben, eine Musical-Hall, Bürogebäude. Doch derzeit sieht man nur eines: 25000 Quadratmeter Pflasterwüste – die Stadt ist ratlos.
Die Pläne waren ambitioniert. Ein Entertainment-Zentrum sollte an den Riem Arcaden entstehen. Mit Multiplex-Kino, Restaurants, Großraumdisco, sogar von einer eignen Musical-Halle war die Rede. Das war im Jahr 2000. „Bis heute ist nichts passiert, das ärgert mich gewaltig“, sagt Architekt Ludwig Wappner, der die Gebäude am Willy-Brandt-Platz mit geplant hat. Aus seinen Plänen einen „homogenen Platz zu machen“, der leicht und offen wirkt, sind 25000 Quadratmeter leere Pflaster- und Schotterfläche geworden.
„Dieser blöde Willy-Brandt-Platz“, sagt Wappner heute, „das schmerzt mich richtig, ihn so unfertig zu sehen.“ Die Wirtschaftskrise war es schließlich, die dem Stadtteilquartier Riem den letzten Schliff gekostet hat. „Von 2004 an war klar, dass das Projekt zurückgestellt wird“, sagt Wappner. Erst zogen sich die Kinobetreiber zurück, dann die Disco-Besitzer. Der Union Investment als Bauträger wurde mulmig zu Mute – sie wollten einen neuen Plan, wie der Platz mit Einkaufszentrum und Hotel vollendet werden könnte.
In einem zweiten Kraftakt entwarf das Münchner Architektenbüro Allmann, Sattler und Wappner einen Bürokomplex auf der Westseite der Fläche, der mit einer Art Brücke den Willy-Brandt-Platz überspannt. Die Genehmigungen liegen bis heute alle vor. Nur die Union Investment verschiebt ihre Pläne, weil das Bürogebäude vorab weniger als 30 Prozent der Fläche vermieten konnte – das rentiert sich nicht, der Bau bleibt aus. „Heute hat der Willy-Brand-Platz doch null Aufenthaltsqualität“, sagt Wappner.
Auch die Stadt ist mit dem Pflasterplatz unglücklich: „Es stört insofern, als dass der Platz nicht aussieht, wie er aussehen sollte“, sagt ein Sprecher des Planungsreferats. Vom „Platz der Leere“ ist häufig die Rede bei den Riem Arcaden. „Er sollte seit langem anders aussehen“, so der Sprecher – aber an der Stadt liege das nicht, betont er.
Dass die Büros vorab nur schwer vermietet werden können, liegt auch daran, dass es in München ein Überangebot an Büroflächen besteht. Wäre es nicht sinnvoller, Wohnungen in Riem hochzuziehen? „Nein“, sagt Wappner, „der Quadratmeter Wohnraum bringt weniger ein als Büroflächen.“ Union Investment würde also weniger verdienen.
Auch die Stadt ist skeptisch. „Die Stelle ist nicht wirklich zum Wohnen geeignet.“ Die U-Bahn-Haltestelle „Messestadt West“ und eine große Straße stehen dem entgegen. Für ein Bürogebäude aber ist die gute Infrastruktur, die Nähe zur Messe und das gegenüberliegende Hotel perfekt – und trotzdem finden sich zu wenige Interessenten für die Fläche.
„Wir können die Situation nicht ändern und den Investor auch nicht zwingen, mit dem Bau anzufangen“, sagt der Sprecher des Planungsreferats. Doch seit einigen wenigen Wochen gebe Hoffnung. „Zuletzt hat Union Investment Signale an die Stadt gegeben. Wir sehen den Platz gerne bebaut.“
Besser spät als nie, so sieht das auch Architekt Wappner, der nun neuen Mut fasst, dass seine Pläne verwirklicht werden: „Wir haben so viel gedacht, geplant. Es wäre schon sehr schön, wenn endliche diese leere Fläche bebaut wird.“
Anne Kathrin Koophamel