Münchner Rathaus: Massenflucht bei der CSU
München - Es war ein Paukenschlag am Marienplatz: Die beiden CSU-Abgeordneten Mario Schmidbauer und Eva Caim sind zur Bayernpartei übergelaufen (AZ berichtete). Und auch Johann Altmann von den Freien Wählern wechselte zu den Weiß-Blauen.
Doch das ist offenbar erst der Anfang: Nach AZ-Informationen stehen weitere spektakuläre Personalien unmittelbar bevor. Die CSU verliert demnach mindestens sieben Abgeordnete an andere Fraktionen.
Prominentester Abgang dürfte Hans Podiuk sein. Das CSU-Urgestein gehört künftig der Grünen-Fraktion an. Er wolle damit „ein Zeichen für Schwarz-Grün“ setzen, erklärt der bisherige Fraktionschef, der auf seine Leidenschaft fürs Gärtnern verweist.
Ebenfalls überraschend: Alterspräsident Reinhold Babor verstärkt die Rosa Liste von Stadtrat Thomas Niederbühl. „Ich bin nach wie vor sehr stark heterosexuell orientiert, möchte mich aber mehr für die LSBTTIQ-Community engagieren“, so der als sehr konservativ geltende CSU-Mann. Die Abkürzung LSBTTIQ stehe für „lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen“, erläutert Babor. Er danke seinen Wählerinnen und Wählern – „und all jenen, die sich nicht festlegen wollen“.
Anders orientiert haben sich dem Vernehmen nach Walter Zöller und Beatrix Burkhardt. Sie heuern bei den Piraten an.
Über CSU-Zuwachs darf sich auch die FDP um Fraktionschef Michael Mattar freuen: Marian Offman, Richard Quaas und Johann Stadler bereichern künftig die Liberalen.
Bürgermeister Josef Schmid schloss sich gestern aus Protest in seinem Büro ein. Per Megafon forderte er die abtrünnigen Abgeordneten auf, ihre Mandate zurückzugeben. „Das ist eine Riesen-Sauerei, was wir hier erleben“, sagt er zur AZ. Die Zahl der CSU-Sitze ist nunmehr auf 17 geschrumpft. Vor zwei Tagen waren es noch 26.
Die Schadenfreude bei der SPD hält sich in Grenzen. Denn auch sie hat einen prominenten Abgang zu beklagen: Fraktionschef Alexander Reissl dient sich der Wählergruppe HUT an. Dies sei nicht als modisches Statement zu verstehen – er sehe vielmehr zahlreiche „inhaltliche Schnittmengen“, so Reissl. Der bisherige Alleinkämpfer Wolfgang Zeilnhofer-Rath freut sich über den unverhofften Zugang: „Das ist der Wahnsinn.“
Eine brisante Personalie gibt es auch von den Grünen zu vermelden. Die einstige OB-Kandidatin Sabine Nallinger hat die Fraktion verlassen und ebenfalls bei der Bayernpartei angeklopft. „Hier scheint sich jetzt etwas zu bewegen“, sagt sie zur AZ. „Vielleicht werde ich mit dieser Partei 2020 ja doch noch Oberbürgermeisterin.“
Das dürfte nicht einfach werden: Am Abend erreichte die AZ Christian Ude auf Mykonos; der Alt-OB erklärte, dass er eine Rückkehr in die Stadtpolitik nicht länger ausschließe.