Münchner Rathaus-Koalition gespalten: BMW bekommt seinen Tunnel

Die Röhre wird geplant – obwohl die Grünen dagegen sind. Sprengt das die Koalition?
von  Christina Hertel
Der OB sorgt sich, dass BMW München den Rücken kehren könnte, wenn die Infrastruktur nicht passt.
Der OB sorgt sich, dass BMW München den Rücken kehren könnte, wenn die Infrastruktur nicht passt. © Tobias Hase/dpa

München - Ein Tunnel, der BMW besser anbindet und quer durchs Hasenbergl zur Autobahn verläuft, wird weitergeplant. Allerdings sucht sich die SPD, um das möglichst schnell durchzusetzen, andere Mehrheiten. Denn ihr Koalitionspartner, die Grünen, sehen den Tunnel kritisch. Stattdessen wollen sie ÖPNV und Radverkehr stärken.

Tunnel im Münchner Norden: Einigkeit in der Koalition ist dahin

Eigentlich trafen sich die Spitzen der Grünen und der SPD mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und seinen beiden Stellvertreterinnen am Montag, um sich endlich einig zu werden, ob der Tunnel im Münchner Norden detaillierter geplant werden soll oder nicht. Eine Entscheidung steht nun zwar fest. Denn mit SPD, CSU, Freien Wählern und FDP ist eine Mehrheit der Stadträte für den Tunnelbau. Doch die Einigkeit in der Koalition ist gescheitert.

"Die Autos und täglichen Staus lassen sich nicht einfach wegdiskutieren", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er plädiert deshalb dafür, ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Im AZ-Interview hatte der Oberbürgermeister betont, dass er den Tunnel, der die Schleißheimer Straße mit der A99 verbindet, für notwendig hält.

Reiter äußerte damals Sorge, BMW könnte sich ohne eine bessere Verkehrsanbindung aus München verabschieden. Auch SPD-Chef Christian Müller spricht von einer "industriepolitischen Entscheidung", die seine Partei getroffen habe, um BMW zu halten.

Tunnel im Münchner Norden: Ein zu teurer Spaß?

Die Grünen sind jedoch anderer Meinung. Es gebe noch zu viele offene Fragen, die erst geklärt werden sollten, bevor man sich auf einen Tunnel festlegen sollte, sagt Fraktionschef Florian Roth. Die Kosten sollen laut Roth bei einer Milliarde Euro liegen. "Wie soll sich die Stadt da gleichzeitig noch einen Ausbau des ÖPNV leisten können?", fragt er.

Greenpeace schätzt, dass für die Tunnel-Lösung 710 Bäume gefällt werden müssen

Zudem sei aus seiner Sicht fraglich, inwieweit die Anwohner von einem Tunnel profitieren. Etwa 200 Menschen demonstrierten im April gegen den Tunnel. Sie sind überzeugt, dass mit der Röhre noch mehr Autos durch den Münchner Norden fahren. Auch, dass die Baustelle auf Grünflächen im Hasenbergl liegen soll, sehen sie kritisch. Greenpeace schätzt, dass 710 Bäume gefällt werden müssten. Auch ÖDP und Linke sind gegen den Tunnel.

Wie hoch die Kosten wirklich sind und wie viele Bäume gefällt werden müssten, sei aber noch völlig offen, sagt SPD-Chef Müller. Aus seiner Sicht kann die Baustelle so optimiert werden, dass die Anwohner wenig Einschränkungen haben. Außerdem liege die Baustelle vor allem dort, wo bereits heute Straßen oder Felder sind.

SPD, aber auch FDP und CSU gehen davon aus, dass auch die Anwohner von einem Tunnel profitieren. CSU-Chef Manuel Pretzl betont deshalb, dass seine Partei nun alles dafür tun wolle, die Planungen schnell voranzutreiben.

Auch FDP-Chef Jörg Hoffmann zählt zu den Tunnel-Befürwortern. Er ruft die SPD dazu auf, sich bei den anderen Tunneln umzuentscheiden - und mit seiner Fraktion doch für den Bau des Tunnels durch den Englischen Garten und an der Landshuter Allee zu stimmen. "Die SPD war bislang einfach zu schwach, sich gegen die Grünen durchzusetzen", sagt Hoffmann. Für den CSU-Chef Pretzl ist die Debatte um den Tunnel ein Zeichen dafür, in welch schlechtem Zustand die Rathauskoalition ist.

Dass SPD und Grüne beim Tunnel durchs Hasenbergl getrennt abstimmen, sei nur eine Ausnahme, betonen Roth und Müller. "In solchen Einzelfällen kann man das tolerieren", sagt Roth. Schließlich handle es sich nur um eine Planung, nicht um den Bau des Tunnels. Das mache es für die Grünen leichter.

Allein die Planung könnte bis zu vier Jahre dauern. Dann ist 2026 und Kommunalwahl. Das heißt: Voraussichtlich muss die nächste Koalition über den Bau entscheiden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.