Münchner Privatklinik weist Kranke ab - sie stirbt
MÜNCHEN - Petra S. (62, Namen geändert) geht es schlecht. Ständiges Erbrechen und Durchfall quälen die Münchnerin im März 2007, in einer Woche hat sie vier Kilo abgenommen. Auch ihr Hausarzt ist ratlos, schickt sie in eine Münchner Privat-Klinik, damit man eine klare Diagnose stellen kann und der Frau helfen, die bereits 2003 am Darm operiert wurde. In der Notaufnahme wird sie untersucht – und abgewiesen. Der Grund: Alle Betten sind belegt. Petra S. wird vor die Wahl gestellt: Die Fahrt zu einer weiter entfernten Klinik oder morgen um 9 Uhr wiederkommen.
Die Frau entscheidet sich fürs Wiederkommen. Doch um halb eins in der Nacht stirbt Petra S. Todesursache: Austrocknung.
Jetzt hat ihr Mann das Klinikum verklagt, fordert Schadenersatz. Streitwert des Verfahrens: 76 000 Euro. Als Klaus S. vom 14. März 2007 erzählen soll, kommen ihm die Tränen. „Meine Frau war sehr traurig, als sie vom Hausarzt kam.” Er habe sie dann mit der Überweisung des Hausarztes bei der Notaufnahme abgeliefert.
Der Arzt (50) im Zeugenstand: „Ich muss zugeben, dass ich den lebensbedrohlichen Zustand nicht erkannt habe.” Die Frau habe gehen können, sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht erbrochen. Er habe sie untersucht, eine Aufnahme erst am nächsten Tag schien ihm unbedenklich. Immerhin sagte er der Frau, dass sie bei einer Verschlechterung sofort kommen soll.
Der Hausarzt hatte aber nicht nur die Überweisung ausgestellt, sondern auch in der Klinik angerufen, um die Dringlichkeit zu unterstreichen. Ihm sei dann von Klinik-Seite zugesagt worden, die Patientin stationär aufzunehmen. Das kam in der Notaufnahme aber offenbar nie an.
Am Abend erfährt der Hausarzt von den katastrophalen Laborwerten der Frau, die auf Nierenschwäche schließen lassen und will im Krankenhaus Alarm schlagen. Doch sie ist nicht da. Er ruft bei dem Paar zu Hause an, spricht zwei Mal auf den Anrufbeantworter. Niemand ruft zurück. Hat die Frau die Anrufe gehört, aber nicht beantwortet? Unter Tränen erklärt der Arzt, dass er sich die ganze Nacht vor Sorgen um seine Patientin im Bett gewälzt habe.
Um 21.30 Uhr erbricht sich Petra S. erneut. „Ein dicker gelber Strahl”, berichtet der Witwer. Statt sofort zu reagieren, entschließt sich das Paar, erst am Morgen zur Klinik zu fahren. „Die falsche Entscheidung”, bemerkt der Vorsitzende Richter Thomas Steiner. Er schlägt einen Vergleich vor: 5000 bis 10 000 Euro, da er eine Teilschuld bei der Patientin und deren Mann sah.
Das Klinikum war gestern nicht zu einer Stellungnahme bereit. Der Grund: „Das Verfahren läuft noch.”
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