Münchner Polizist in Afghanistan: "Die Angst fährt mit"

MÜNCHEN - Der Münchner Schleierfahnder Uli Barth fliegt für ein Jahr nach Afghanistan, um Polizisten auszubilden – dort wartet ein Alltag voller Gefahren auf den frisch verheirateten Beamten. Schon das Training war knochenhart.
Die Nachbarn haben schon seltsam geschaut, weil er jeden Tag mit vollem Marschgepäck durch den Park rannte. Entschlossen und verbissen wirkte er – nicht wie ein Jogger, sondern wie ein Getriebener. „Ich wollte bestens vorbereitet sein“, erzählt Uli Barth. Und bald fliegt der Münchner Polizist topfit in das vielleicht gefährlichste Land der Welt: Afghanistan.
Uli Barth hat nicht nur körperliche Ausdauer, sondern auch mentale. Der 36-jährige Münchner, der normalerweise als Schleierfahnder auf Bayerns Autobahnen unterwegs ist, rackerte sich monatelang ab in einem Intensiv-Lehrgang. Er schoss mit Spezialgewehren und steuerte gepanzerte Fahrzeuge. Er musste simulierte Verhöre und Psychostress ertragen. Am Ende bewies er seinen eisernen Willen und bestand alle Prüfungen. Nun gehört er gemeinsam mit sechs anderen Beamten zu Bayerns ersten Polizisten, die ihre Kollegen vom Hindukusch ausbilden dürfen.
In der Hauptstadt Kabul soll Barth schon ab Dezember mit 141 weiteren deutschen Polizisten der Europol-Mission der Afghanischen Nationalpolizei (ANP) moderne Polizeiarbeit beibringen – aber nicht nur. Innenminister Joachim Herrmann sagte zu den Beamten bei ihrer Verabschiedung: „Vielleicht können Sie auch ein bisschen ein Verständnis für einen modernen Rechtsstaat rüberbringen.“
Der Einsatz ist eine lebensgefährliche Mission – Uli Barth ist sich dessen bewusst: „Man muss mit Respekt an die Sache rangehen“, erklärt er – und fügt nach einem kurzen Schweigen an: „Klar, ein bisschen Angst fährt immer mit.“
Vor allem seit August 2007. Damals waren bei einem Attentat drei deutsche Polizisten nahe Kabul getötet worden. Eine am Straßenrand deponierte Sprengfalle zerfetzte deren gepanzertes Auto, die Beamten hatten keine Chance.
Uli Barth begegnet den Gedanken an dieses Ereignis auch mit ein bisschen schwarzem Humor: „Mal schauen, was mir das Schicksal in den Weg legt – im wahrsten Sinne.“ Ob seine Frau darüber auch lachen kann? „Meine Frau sieht das mit mehr Respekt“, sagt Barth. Erst kürzlich hat er sie geheiratet, auch sie arbeitet als Polizistin, sie ist aber noch in der Ausbildung.
In nächster Zeit werden sie sich nur selten sehen, Barths Einsatz dauert 12 Monate – dafür bekommt er eine Auslandszulage von rund 130 Euro täglich. Ein Anreiz ist das nicht, denn sein Leben zu riskieren, das mache man „für kein Geld der Welt“. Wofür dann? Barth will den Afghanen helfen: „Ich bin einer, der lieber handelt statt lange zu reden.“ Deshalb wird er noch vor Weihnachten in einem Flugzeug nach Kabul sitzen. Barth sagt: „Meine Koffer sind schon gepackt.“
R. Keck