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Münchner Polizei gelingt Schlag gegen Callcenter-Betrügerbande in der Türkei

Der Boss einer Bande von falschen Polizisten wird in der Türkei bei einer Razzia gefasst. 30 Verdächtige sitzen in U-Haft, 1,6 Millionen Euro sichergestellt.
von  Ralph Hub
Mit fiesen Maschen zocken Betrüger am Telefon ihre Opfer ab. (Symbolbild)
Mit fiesen Maschen zocken Betrüger am Telefon ihre Opfer ab. (Symbolbild) © IMAGO / Pressedienst Nord

München/Mersin - Türkische und deutsche Sicherheitsbehörden haben erneut eine international agierende Bande von Telefonbetrügern ausgehoben. 30 Verdächtige wurden bei der Aktion festgenommen, wie die Münchner Polizei am Mittwoch mitteilte, eine Reihe von Callcentern wurde dichtgemacht.

Der 44-jährige Kopf der Bande hatte sein Domizil in der türkischen Stadt Mersin gesichert wie eine Festung. Als Spezialkräfte das Anwesen am Samstag stürmten, mussten sie zuerst drei gepanzerte Türen gewaltsam aufbrechen. Die Zeit nutzte der 44-Jährige, um zu Fuß vor den Polizisten zu fliehen. Die Razzia kam für den Clan-Chef so überraschend, dass er in dem Haus sogar ein kleines Kind zurücklassen musste, wie türkische Medien berichten.

Polizei und Staatsanwaltschaft informieren bei einer Pressekonferenz in München über die Festnahmen.
Polizei und Staatsanwaltschaft informieren bei einer Pressekonferenz in München über die Festnahmen. © rah

Callcenter-Betrug: 30 Personen nach Razzia festgenommen

Schwer bewaffnete Polizisten stürmten mit Sturmgewehren im Anschlag zeitgleich 41 Adressen in Mersin, Izmir, Istanbul, Trabzon, Antalya und Denizli. "Insgesamt konnten, nach unseren gemeinsamen Ermittlungen 30 Personen mit unterschiedlichen Funktionen im jeweiligen Callcenter festgenommen werden und befinden sich seitdem in türkischer Haft", erklärte Désirée Schelshorn, Vize-Chefin der AG Phänomene, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Präsidium. Unter den Verdächtigen befinden sich Männer und Frauen aus der obersten Führungsschicht der Bande.

"Der Haupttäter fühlte sich in der Türkei vollkommen sicher", sagte Oberstaatsanwalt Kai Gräber, Chef der Abteilung gegen organisierte Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft München I. "Er benutzt über Monate und Jahre hinweg dasselbe Handy, ohne auch nur einmal seine Nummer zu wechseln." Das wurde ihm und seinen Leuten schließlich zum Verhängnis.

Der Boss der Bande plante unterzutauchen

Doch dem Boss der Bande war auch klar, dass sich die Schlinge um seinen Hals zusammenzieht. Er traf bereits Vorkehrungen, um unterzutauchen. Erst Ende September hatte ein Gericht in Izmir 67 Männer und Frauen einer anderen Bande wegen organisierten Callcenter-Betrugs zu insgesamt 1.128 Jahren Haft verurteilt. Der Kopf dieser Bande bekam 400 Jahre Haft aufgebrummt. Zudem wurden vom Gericht Vermögenswerte von über 60 Millionen Euro eingezogen.

Die jetzt ausgehobene zweite Bande hatte ein kriminelles Netzwerk mit komplexen Infrastrukturen aufgebaut und damit in zurückliegenden Jahren Millionenbeträge gemacht. Alleine zwischen März 2020 und März 2022 sollen sie 55 überwiegend ältere Menschen hereingelegt und ihnen deren Vermögen abgejagt haben. 45 der Opfer leben in München und Umgebung, Schaden 1,75 Millionen Euro. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie den Tätern bald weitere 20 bis 40 Delikte nachweisen.

Ermittler stellen Vermögenswerte in Höhe von 1,6 Millionen Euro sicher

Die Opfer können darauf hoffen, dass sie wenigstens einen Teil ihres Geldes irgendwann zurückbekommen. Denn die Ermittler stellten in den Anwesen Vermögenswerte in Höhe von umgerechnet fast 1,6 Millionen Euro sicher, darunter Gold, Euro, US-Dollar und türkische Lira. Zudem wurden teure Autos beschlagnahmt.

"Zudem haben wir in der Türkei in mehreren ihrer Callcenter den Stecker gezogen und dadurch weitere Telefonbetrügereien verhindert", so Désirée Schelshorn. Für die Ermittler sind vor allem die beschlagnahmten Computersysteme und Speichermedien von Bedeutung. Sie dürften weitere wichtige Informationen enthalten.

Eine andere Masche, die der Schockanrufe, dürfte allerdings unvermindert weitergehen. Die Bande, die damit gutgläubigen Menschen das Geld aus der Tasche zieht, agiert von Polen aus.

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