Münchner Politiker übernehmen Patenschaften für inhaftierte Iraner

Sie wollen willkürliche Festnahmen, Folter und Todesurteile nicht länger tatenlos hinnehmen: Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete haben Patenschaften für Menschen übernommen, die im Zuge der Proteste gegen das Mullah-Regime im Iran inhaftiert worden sind. Die Parlamentarier bemühen sich um Kontakt zu den Angehörigen, schreiben Briefe an den iranischen Botschafter und versuchen so, Druck zu erzeugen. Die AZ hat mit vier Münchnern gesprochen, die mitmachen.
Laut Menschenrechtsorganisationen wurden seit Beginn der Proteste vor rund drei Monaten mehr als 18 000 Frauen und Männer festgenommen. Einer von ihnen ist der Profikletterer Dariush Hossein Shahravi, für den sich die Grüne Jamila Schäfer stark macht.

"Herr Shahravi wurde den Berichten zufolge am 4. November vor seinem Haus von Sicherheitskräften in zivil aufgegriffen und verprügelt. Er soll nun im Fashafouyeh-Gefängnis sitzen, was ihm vorgeworfen wird, ist nicht bekannt", schreibt sie an Teherans obersten Diplomaten in Berlin, Mahmoud Farazandeh. Und weiter: "Ich bitte Sie um die kurzfristige Aufklärung der Umstände von Herrn Shahravis Festnahme: Was wird ihm vorgeworfen und wo befindet er sich aktuell?" Zudem fordert Schäfer den Botschafter auf, sich dafür einzusetzen, dass Shahravi einen frei gewählten Anwalt bekommt, dass eine Prozessbeobachtung und Familienbesuche möglich sind.

"Menschen wir Dariush Shahravi sind in Haft, werden geschlagen und gefoltert, weil sie frei leben möchten. Das iranische Regime ist mit diesem Irrweg zum Scheitern verurteilt", sagt Schäfer der AZ. "Mit einer Patenschaft können wir aus dem Bundestag heraus unser Mandat nutzen, um größtmöglichen und gezielten Druck aufzubauen. Die iranische Botschaft in Berlin, das iranische Außenministerium und die Verantwortlichen in der Justiz wissen genau, dass wir ihnen auf die Finger schauen."
Ziel der fraktionsübergreifenden Aktion sei die Freilassung aller politischen Gefangenen.
Mit dabei ist auch Ates Gürpinar von der Linken, der das Schicksal von Javad Ayati schildert, für den er die Patenschaft übernommen hat: "Vor genau einem Monat wurde Javad im Nordwesten des Irans verhaftet und inhaftiert. Er ist seitdem in der Gewalt des Geheimdienstes, der versucht, unter Folter Aussagen von ihm zu erzwingen. Ich fürchte, dass Javad als Kurde besonders eingeschüchtert werden soll und Opfer eines Schauprozesses werden könnte." Doch der Mut des jungen Mannes dürfe ihn weder seine Gesundheit noch sein Leben kosten. "Der Mut der Menschen im Iran ist grenzenlos. Genauso grenzenlos muss unsere Solidarität mit ihnen sein", sagt Gürpinar, der sich ebenfalls an den Botschafter gewandt hat.

Von Wolfgang Stefinger hat der Diplomat auch Post bekommen. Der CSU-Politiker will wissen, wo sich der Journalist Hossein Yazdi aufhält, der in der Stadt Isfahan gefangen genommen wurde. Außerdem interessiert Stefinger, was dem Reporter vorgeworfen wird und wie es um seine Gesundheit bestellt ist. Der AZ sagt er: "Mit jeder Festnahme eines Journalisten schwindet die Anzahl derer, die über die besorgniserregenden Vorgänge im Iran berichten können. Meine Patenschaft soll auch ein Zeichen dafür sein, wie wichtig Pressefreiheit und unabhängige Berichterstattung ist. Daher setze ich mich mit Nachdruck für die Freilassung von Hossein Yazdi ein."

Sebastian Roloff (SPD) unterstützt Manoucher Mehman Navaz, Vater von Teenager-Töchtern, der wegen "Feindschaft gegen Gott" von einem Revolutionsgericht zum Tode verurteilt wurde. Er soll bei einer Demonstration ein Regierungsgebäude angezündet haben. Mehrmals wurde Navaz bereits in den Todestrakt und zurück in seine Zelle gebracht. Die Hinrichtung steht wohl kurz bevor.

"Wenn ein Familienvater, der gegen das Regime und für die Rechte auch seiner Kinder demonstriert hat, in Rekordzeit in zwei Instanzen wegen der angeblichen Inbrandsetzung eines Gebäudes zum Tod verurteilt wird, ist das sicher ein Schauprozess", so Roloff zur AZ. "Ich hoffe, dass das Regime die Hinrichtungen einstellt, wenn die Öffentlichkeit Interesse daran zeigt."