Münchner Parkplätze werden heuer zu Freischankflächen
München - Aus Parkplätzen sollen während der Corona-Krise teils Freischankflächen werden. Das hat der Stadtrat in der Vollversammlung, die aus Infektionsschutzgründen wieder im Deutschen Theater stattgefunden hat, gestern beschlossen.
Zuvor hatte die neue grün-rote Rathausregierung in einem gemeinsamen Antrag "die temporäre Umwandlung von Parkplätzen" gefordert. Christian Vorländer (SPD) begründet den Antrag: "Viele Gastronomen sind in ihrer Existenz bedroht."
Bezirksausschüsse sollen "maximal eingebunden" werden
Bisher haben die Bezirksausschüsse (BA) das Entscheidungsrecht für die Freischankflächen. Per Antrag wird dieses Recht bis zum 30. September jetzt an OB Dieter Reiter (SPD) übergeben, die BAs sollen "maximal möglich eingebunden" werden, so Christian Vorländer.
Den Vorschlag hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) aufgegriffen. 2010 hätte das KVR bereits einen ähnlichen Antrag abgelehnt. Grund sei unter anderem gewesen, dass die Umwandlung den Parkdruck "insgesamt und insbesondere in der Innenstadt stark erhöhen" würde, begründet Referent Thomas Böhle (SPD).
Um den grün-roten Vorschlag, der Gastronomen unterstützen soll, dennoch umzusetzen, nennt Böhle jetzt Voraussetzungen. Zum einen sei die Umwandlung nur an Straßen möglich, in denen Tempo 30 gilt. Auch kämen nur Straßen in Frage, in denen Parkplätze direkt an Gehwege angrenzen. Ebenfalls nicht möglich sei die Umwandlung jeweils fünf Meter vor und hinter Straßeneinmündungen sowie vor und nach Zebrastreifen, Fußgängerampeln, Bahnübergängen und Bushaltestellen.
Ebenso Feuerwehr-Anfahrtszonen, Behindertenparkplätze, Haltebuchten für Taxis und E-Parkplätze etwa dürften nicht als Freischankflächen genutzt werden. In Straßen mit Linienbus- und Tramverkehr sei eine nähere Prüfung der MVG nötig.
Gebühren für Freischankflächen sollen reduziert werden
Generell sieht Böhle vor, dass Gastro-Betreiber jeweils einen Antrag auf Genehmigung stellen müssen. Dem KVR sei jeweils eine maßstabsgetreue Planzeichnung inklusive Foto von den Gegebenheiten vor Ort vorzulegen. Das Verfahren zur Genehmigung soll "erheblich beschleunigt" werden. Böhle warnt jedoch: "Mit diesen Maßnahmen sind erhebliche Auswirkungen auf das städtische Leben zu erwarten." Das werde das KVR beobachten und dem Stadtrat Ende September berichten.
Aufgrund der geltenden Einschränkungen sollen Gebühren für Freischankflächen zudem reduziert werden. Böhle: "Es werden die genaueren Regeln abgewartet, bevor ein Durchschnittswert für die aufgrund des Abstandsgebots von 1,5 Metern verringerte Gastplatzanzahl gebildet wurde."
Die Stadt hat 2019 durch Gebühren von Freischankflächen etwa 1,7 Millionen Euro eingenommen. Für Zeiträume, in denen die Nutzung von Freischankflächen überhaupt nicht, oder nur sehr eingeschränkt, möglich waren, erhebt die Stadt heuer keine Sondernutzungsgebühren. Dadurch verliert die Stadt aktuell jeden Monat 150.000 Euro.
CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sagt zu dem grün-roten Vorstoß mit Verweis auf die Gebührenreduzierung: "Das ist ein Thema, das die CSU-Fraktion schon vor Wochen beantragt hat." Die CSU wollte für 2020 die Nutzungsgebühren für Freischankflächen allerdings komplett erlassen. Pretzl: "Die Gastronomie ist so gebeutelt, dass die Wirte auch mit Wiederöffnung der Freischankflächen heuer gar keine Gebühren zahlen sollten."
Ähnlich wie Pretzl äußert auch Stadtrat Richard Progl (Bayernpartei) Bedenken: "Wenn man der Gastronomie helfen wollte, ist es sinnvoll, die Gebühren für Freischankflächen auf Null zu setzen."
Das sei rechtlich jedoch nicht möglich, erklärt Böhle. Deshalb hat der Stadtrat gestern beschlossen, heuer die "geringst-mögliche Gebühr" zu entrichten.