Münchner Leopoldstraße: Was ist nur aus dem Kult geworden?
München - "Die hohe Zeit is lang vorüber und aa die Höh hast hinter dir" - diese Zeile aus einem Lied von Rainhard Fendrich fällt mir ein, als ich durch die Leopoldstraße schlendere. Früher die Schicki- Micki-Meile, der Boulevard der Eitelkeit, sehen und gesehen werden. Die Leopoldstraße war ein Begriff, etwa so wie Stachus und Hofbräuhaus. Es gab viele Gastronomiebetriebe. Kleine Schätze, zum Teil inhabergeführt, vielseitig die Restaurants und Cafés, Musikkneipen und Discos. Vieles davon ist verschwunden.
Was wirklich Besonderes, Einzigartiges? Kaum noch.
Man kannte legendäre Bedienungen, die es heute zum Teil gar nicht mehr gibt, und viele stellen ja auf Selbstbedienung um. Café- und Bäckereiketten, bekannte Modelabels, alle Anbieter von Mobiltelefonen, Supermarktketten. Selbst der Bioladen gehört zu einer Kette. Was wirklich Besonderes, Einzigartiges? Kaum noch.

Austauschbar, bis auf wenige Verbliebene, mittlerweile Institutionen. Die Buchhandlung Lehmkuhl, die Brezn, das Eiscafé mit der umgestürzten Eiswaffel auf dem Vordach, Kunst und Spiel, der Laden, den ich schon mit meiner Tochter besucht habe, als sie noch klein war. Einige andere noch, aber zu wenige, um der Straße etwas Unverwechselbares zu geben.

Bachmaiers Hofbräu ist Geschichte. Es fehlen auch die Gesichter, die schillernden Vögel, die Querköpfe, das Salz in der Suppe. Der Kunstmarkt, der sich einst bis zum Siegestor zog, ist schon lange weg. Kürzlich sah ich eine Werbung des KVR, dass Künstler gesucht werden, die dort verkaufen wollen. Man kann sich aktuell bewerben.

Legendär: Der Cowboy-Ritt durchs Siegestor in den "Münchner Gschichten"
Im Moment sieht man einen oder zwei Aussteller mit Bildern. Zu wenig, um es Markt zu nennen. So lande ich, losgezogen an der Münchner Freiheit, irgendwann am Siegestor. Kaum vorstellbar, dass hier einst Günther Maria Halmer als Tscharlie mit Frithjov Vierock und Towje Kleiner als Cowboys verkleidet auf Pferden vor dem Siegestor ritten. Wer's nicht kennt, Münchner Geschichten hieß die Serie von Helmut Dietl, es gab nur neun Folgen und noch heute kennen die Leute die Dialoge.

Ja, irgendwie ein bisserl beliebig ist die Straße geworden. Austauschbar. Immer noch viele Menschen, aber keine Szene mehr. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Veränderungen, aber muss es gleich so farblos werden?


In diesem Sinne eine schöne Woche,
Ihr Sigi Müller