Münchner Klinik-Skandal: Jetzt rollen Köpfe

Am Mittwoch wird der Aufsichtsrat die Kündigungenvon drei Klinik-Chefs beschließen: Sie sollen seit August 2009 vom Hygiene-Skandal gewusst haben. Brandbrief der Neuperlacher Chefärzte.
von  Abendzeitung
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Illustration © Thomas Gaulke

MÜNCHEN - Am Mittwoch wird der Aufsichtsrat die Kündigungenvon drei Klinik-Chefs beschließen: Sie sollen seit August 2009 vom Hygiene-Skandal gewusst haben. Brandbrief der Neuperlacher Chefärzte.

Mit aller Härte wird jetzt im Klinik-Skandal aufgeräumt: Wenn am Mittwoch um 10.30 Uhr der Aufsichtsrat der Städtischen Klinikum GmbH zusammenkommt, sollen die außerordentlichen Kündigungen von Klinikchef Manfred Greiner (SPD), Planungsgeschäftsführer Reinhard Fuß (Grüne, bereits suspendiert) und Personalchef Bruno Wirnitzer (SPD) beschlossen werden. Am Freitag werden sie dann formal ausgesprochen. Damit wird der vierköpfige Vorstand fast komplett gefeuert. Vorerst nicht betroffen ist der Finanzgeschäftsführer Franz Hafner. Das ist aber vermutlich noch nicht das Ende.

Am Dienstag wurden Gespräche mit den Betroffenen und den Anwälten geführt. Am Mittwoch kommen die Berichte in den Aufsichtsrat. „Es ist klar, dass es nicht nur einen Vorstand gab, der seinen Aufgaben nicht nachgekommen ist“, so OB Christian Ude. „Das muss weitere Konsequenzen haben.“ Eine außerordentliche Kündigung muss spätestens 14 Tage nach dem Tag erfolgen, an dem der Vorfall bekannt wurde. Das ist am Freitag.

Bei Christian Ude schrillen beim Stichwort Klinik-Hygiene alle Alarmglocken. „An der Uniklinik in Hamburg war an einem Tag im Jahr 1971 die Klimaanlage defekt, so dass Keime hereingepustet wurden, als sechs Frauen operiert wurden. Fünf starben, eine war besonders zäh. Das ist meine Frau.“ Deshalb habe er auch sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, als er vom Skandal um verdrecktes OP-Besteck in den städtischen Kliniken Bogenhausen und Neuperlach erfuhr. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Computer, Akten und OP-Besteck beschlagnahmt. Ude weiß auch, wie verbreitet die Neigung in Kliniken ist, Unangenehmes zu vertuschen.

Für ihre Vertuschungsaktion auf dem Rücken der Patienten bekommen jetzt die Chefs der Städtischen Klinikum GmbH ihre Strafe. „Die gesamte Geschäftsführung wusste spätestens seit August 2009 Bescheid, dass es Probleme bei der Hygiene gibt“, erfuhr die AZ aus Klinikkreisen: „Das ist nachweisbar!“ Also nicht erst seit Mai, als das Hygiene-Gutachten vorlag.

Unstrittig ist die Kündigung für Planungsgeschäftsführer Reinhard Fuß, in dessen Verantwortung der Hygiene-Skandal fällt. Er hat auch versucht, ein Gutachten zu verhindern.

„Er hat das ganze vollkommen verbockt“, sagen Insider im Rathaus: „Er war rund ein Jahr lang nicht bereit, das zu bereinigen und hat das eskalieren lassen.“ Fuß soll sogar behauptet haben, er habe Gegenmaßnahmen eingeleitet.

Den Hut soll auch Klinikchef Manfred Greiner (SPD) nehmen, der die Gesamtverantwortung hat. Er soll auch schon vor August 2009 von Ärzten von den Problemen erfahren haben. Greiner hatte bei Georg Kronawitter im OB-Büro angefangen, hat mit Bogenhausen und Neuperlach zwei städtische Kliniken geleitet, war bei der AOK und genoss überall Vertrauen.

Aber er kann sich nicht durchsetzen. „Er ist ein netter Mensch, aber nicht konfliktfähig“, beschreibt ihn ein Stadtrat: „Ein Chef hätte gesagt, in 14 Tagen löst du das Problem, oder ich gehe zum Aufsichtsrat.“ Nichts davon geschah. Damit sei Greiner für den Chefposten nicht qualifiziert. Nummer drei auf der Kündigungsliste ist der Personal-Geschäftsführer Bruno Wirnitzer (SPD), der von der Gewerkschaft Verdi in die Geschäftsführung gebracht worden ist.

Mit einem blauen Auge wird wohl Finanz-Geschäftsführer Franz Hafner (parteilos) davonkommen: Er hat in diesem Bereich keine Zuständigkeiten.

Der für Kliniken zuständige Gesundheitsreferent Joachim Lorenz (Grüne) tobt: „Durch eine Mauer des Schweigens wurde alles vertuscht.“ Seit das Gutachten zum Hygieneskandal Mitte Mai den Klinikchefs vorlag, habe es fünf Gesprächstermine gegeben – immer hätten die Geschäftsführer geschwiegen. Einen Termin hätten sie gar abgesagt: Weil bei der WM Deutschland gegen Serbien spielte.

Gestern haben die Chefärzte aus Neuperlach einen Brandbrief mit Vorwürfen und der Chronologie des Skandals an den Klinik-Aufsichtsratsvorsitzenden Hep Monatzeder (Grüne) geschickt. „Wenn auch nur die Hälfte stimmt, dann ist das eine Katastrophe“, heißt es im Rathaus.

„Dieser Skandal kann nicht zu Lasten der gutgläubigen Patienten ausgetragen werden“, so CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk . Willi Bock

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