Münchner Kitas fehlen Hunderte Fachkräfte: "Ein Kollaps mit Ansage"

Bei der Betreuung von Kindern fehlen in München Hunderte Fachkräfte. Die Caritas schlägt Alarm: Das geht zulasten der Kleinen - und der Mitarbeiter.
von  Nina Job
Müssen Eltern, deren Kinder eine private Kita besuchen, die Betreuungskosten bald vollständig selbst begleichen? (Symbolbild)
Müssen Eltern, deren Kinder eine private Kita besuchen, die Betreuungskosten bald vollständig selbst begleichen? (Symbolbild) © Uli Deck/dpa

München - Eine Kita muss plötzlich wochenlang schließen, weil zu viele Betreuerinnen krank sind. Die Personaldecke war vorher schon sehr knapp. Anderswo kann ein neu gebauter Kindergarten gar nicht erst öffnen. In einer dritten Kita muss die Leiterin in der Küche aushelfen, statt sich um ihre eigentliche Arbeit zu kümmern: Es gibt niemanden sonst, der einspringen könnte - und Essen ist wichtig für die Kinder.

Weit über 1.000 Fachkräfte fehlen in Münchner Kindergärten

Drei Schlaglichter auf Kindergärten in München, leider keine seltenen Extremfälle, sondern immer häufiger Alltag. Allein der Caritas, die in München 25 Kitas betreibt, fehlen rund 100 Fachkräfte. In allen Münchner Einrichtungen, inklusive städtischen, sind es weit über 1.000.

Mit einem dringenden Appell hat die Caritas am Mittwoch bessere Rahmenbedingungen gefordert für die Betreuung der Kinder und die Beschäftigten in Kindergärten, Tagesstätten, Frühförderstellen und Mittagsbetreuungen.

"Wir verstehen uns auch als Anwalt der Kinder", sagt Caritas-Direktor Hermann Sollfrank. "Wenn wir nicht gegensteuern, stehen wir vor einem Kollaps mit Ansage." Er betont: "Kindertageseinrichtungen sind wie Schulen Bildungsstätten. Dies anzuerkennen, wäre der erste wichtige Schritt."

Fordern bessere Bedingungen für die Betreuung von Kindern (v. l.):Sozialpädagogin Angelika Sewalski, Azubi Sara Birzer, Caritasdirektor Hermann Sollfrank, Fred Ranner, Leiter Heilpädagogische Tagesstätten und Gabriele Stark-Angermeier, Vorständin des Diözesan-Caritasverbandes.
Fordern bessere Bedingungen für die Betreuung von Kindern (v. l.):Sozialpädagogin Angelika Sewalski, Azubi Sara Birzer, Caritasdirektor Hermann Sollfrank, Fred Ranner, Leiter Heilpädagogische Tagesstätten und Gabriele Stark-Angermeier, Vorständin des Diözesan-Caritasverbandes. © Nina Job

Mitarbeiter fangen die Mehrarbeit auf - Krankheit, Burnout, Fluktuation

Unter dem Mangel leide die Qualität der Kinderbetreuung und auch für die Beschäftigten habe er fatale Folgen: "Die Mitarbeiter müssen die Mehrarbeit auffangen und gehen dabei oft über ihre Grenzen." Dadurch komme es zu mehr Krankheits- und Burnout-Fällen und Fluktuation. Einige würden den Beruf ganz an den Nagel hängen.

Die Caritas fordert von der künftigen Staatsregierung einen besseren Betreuungsschlüssel: statt bislang 1:11 nur noch 1:9. Außerdem eine bessere Entlohnung. Eine Erzieherin verdient derzeit nach fünf Jahren 3.302 Euro Grundgehalt. Kinderpflegerinnen bekommen 2.877, nach fünf Jahren 3.051 Euro. Azubis zur Kinderpflegerin verdienen nichts.

Kita-Gesetz senkt Gebühren: "Das Geld wäre für Personal besser investiert gewesen."

Die Caritas fordert zudem dringend eine Ausbildungsoffensive. Das Interesse an Kita-Berufen sei da: Drei bis fünf mal so viele würden sich auf Schul- und Studienplätze bewerben, als ausgebildet werden können. Caritas-Vorständin Gabriele Stark-Angermeier kritisiert die Söder-Regierung: Diese habe 861 Millionen Euro vom Bund im Rahmen des "gute-Kita-Gesetzes" primär dazu verwendet, Kita-Gebühren zu senken. "Das Geld wäre für Personal besser investiert gewesen."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.