Münchner Kindl mit 91

Casting einmal anders: Zum 850. Geburtstag der Stadt werden große Geister gesucht. Die AZ besuchte die Rollenvergabe.
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Casting im Liebfrauentheater: Klaus Neumann und Johanna Stephan (re.) mit Edeltraut Schubert
Gregor Feindt Casting im Liebfrauentheater: Klaus Neumann und Johanna Stephan (re.) mit Edeltraut Schubert

MÜNCHEN - Casting einmal anders: Zum 850. Geburtstag der Stadt werden große Geister gesucht. Die AZ besuchte die Rollenvergabe.

Casting – kommt das von Chaos? Jedenfalls ist es nicht leicht, geeignete Schauspieler zu finden. Klaus Neumann braucht sie aber dringend. Im Liebfrauentheater sucht der Regisseur 20 Leute, die berühmte Münchner wie Leo von Klenze, Joseph von Fraunhofer oder Carl Spitzweg auf dem Alten Südfriedhof darstellen. Name des Projekts: „Großer Geister Stunde“. Termin: 6. und 7. Juni. Auf geht’s. Oder?

Das Ganze stockt gleich zu Beginn. Auftritt Curt Weiser. Der 76-Jährige kann mit einer Statistenrolle als SS-General im Film „Sophie Scholl“ Erfahrung vorweisen. Er kommt aber aus Dresden und das hört man auch. Neumann sagt Nein – Münchner Leichen reden kein Sächsisch.

Dann kommt Sascha

Der zweite, ein Franke, ist auch nicht zu gebrauchen. Wen er spielt, sei ihm egal, sagt er. „Hauptsache, keine Sprechrolle.“ Ohne gibt’s aber nicht.

Dann kommt Sascha – Sonnenbrille, gegelte schwarze Haare, smart und smooth. „Nenn mich Sash“, sagt er und setzt sich vor Klaus Neumann. „Sash“ ist 35, Dokumentarfilmer und war schon in Brasilien. Na also! Die erste kleine Rolle ist besetzt – Sunnyboy Sash spielt Johann von Spix, ein Wissenschaftler wie Alexander von Humboldt, den aber niemand kennt. Sascha ist zufrieden. Er bleibt und sammelt den Rest des Nachmittags Email-Kontakte. Das behindert das Casting etwas, was Sascha aber nicht stört.

Charmant, aber ungeeignet

Die Suche geht weiter. Die schöne Verena kommt aus Südtirol und ist sehr charmant, aber ungeeignet. Sie bleibt trotzdem. Auf dem hellen Holztisch liegen Schokolade und Haribo. Sash fragt nach ihrer Email-Adresse.

Gegen 15 Uhr gerät das Ganze etwas aus den Fugen. Das Casting wird zum Café. Alle reden durcheinander. Kandidat Holger, ein Puppenspieler unter einer großen schlaffen blauen Malermütze, wartet am Kopf des Tisches. Niemand beachtet ihn. Er tut nichts dagegen. Ein Mann kommt herein, wäscht sich die Hände und geht wieder. Sash fragt Verena nach ihrer Handy-Nummer.

Klaus Neumann stört das gar nicht. Er sitzt längst nicht mehr auf seinem Stuhl, sondern kniet neben Frau Schubert und redet ihr zu. Dabei hält er seine linke Hand immer wieder, wie es Künstler tun – wie Hamlet einst den Schädel. Frau Schubert soll nämlich das Münchner Kindl spielen. Sie findet das aber „ein bisserl komisch“ – schließlich ist sie 91. „Kein Problem“, meint Neumann, „wer sagt denn, dass das Münchner Kindl jung sein muss?“

Thomas Gautier

Acht Männer werden noch gesucht, Termin: 24. April. Anmeldung unter: Tel. 22 14 73.

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