Münchner Kabarettist "Fonsi" hilft syrischen Flüchtlingskindern

Der Münchner Christian „Fonsi“ Springer ist in der Adventszeit in ein syrisches Flüchtlingslager gereist. Und hat Weihnachten mit einem rosafarbenen Hüpfball gefeiert
Bei mir fing Weihnachten heuer früh an: Eine Woche vor Weihnachten war ich in einer Schule im libanesischen Rame angekommen und hatte ein kleines Mädchen auf dem Arm. Seine Mutter war hochschwanger sieben Tage zu Fuß über die Berge von Syrien in den Libanon geflüchtet – ein in Syrien seit den Unruhen im Frühling häufiges Schicksal.
Es war ein friedlich schlafendes Kind. Aber auch eines, das große Probleme erwartet. Hunger, Kälte, Flucht und Verfolgung. Drei Leute aus Deutschland machten sich auf, um den Flüchtlingen des Assad-Regimes zu helfen. Wenn wir einer Familie ein schönes Weihnachtsfest geben können, dachte ich, wäre das super. Drei Familien wären ein Traum. Nach drei Tagen haben wir über hundert Menschen geholfen.
Libanon hat eine kurze Grenze zu Israel, der Rest des Landes grenzt an Syrien. Im äußersten Nordwesten liegt das Hochtal Wadi Khaled. Dorthin flüchteten etwa 3000 Syrer. Sie stammen zum Großteil aus Tell Kalakh, das zerstört worden ist, andere aus Homs, der umkämpften Großstadt in der Mitte Syriens. Die syrischen Familien leben zum Teil bei libanesischen Familien und zum Teil in öffentlichen Gebäuden. Die Gegend selbst ist arm, somit ist die Versorgungslage höchst dramatisch.
Manche Syrer müssen im Freien übernachten, zwischen den Landminen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und „Save the children“ sind vor Ort, doch die Rettungsmaßnahmen reichen nicht aus, da täglich Flüchtlinge nachrücken.
Gemeinsam mit Dr. Thomas Küpper aus Aachen, einem Arzt mit viel Erfahrung bei Noteinsätzen in Krisengebieten, und Susanne Osthoff, die perfekt Arabisch spricht, war ich drei Tage im Libanon, um syrischen Flüchtlingen im Wadi Khaled zu helfen. Warum geht ein Münchner Kabarettist ins Krisengebiet? Ich habe Arabisch studiert und war über zwanzig Mal in Syrien. Doch jetzt sind die Grenzen dicht, der Kontakt zu meinen Bekannten ist abgebrochen. Dort, wo vor wenigen Monaten noch syrische und libanesische Familien über die Landesgrenzen hinweg ihre Äcker bewirtschafteten, liegen jetzt Minen. Ein Bauer ist mit seinem Traktor über eine gefahren. Er ist tot.
Syrien hat inzwischen das gesamte Grenzgebiet vermint und die libanesische Armee hat Wadi Khaled abgeriegelt. Ist es da sinnvoll, in einer privaten Dreiergruppe helfen zu wollen? Ja, ich finde schon! Uns gelang es, die Sperren zu überwinden und wir landeten in Rame, in Sichtweite der Syrer. Dort sind in einer Schule über hundert Syrer untergebracht. Es sind Familien, die traumatische Erlebnisse hinter sich haben. Sie führten uns sofort in die Küche.
Die einzige Gemeinschaftsküche besteht aus einem Gasofen, einem Waschbecken, und einem Kühlschrank. Strom gibt es nur sporadisch. Im Moment unserer Ankunft gab es kein Gas, das so dringend benötigt wird: für das Beheizen der dunklen Zimmer, die mittelalterlichen Gefängniszellen gleichen, und natürlich auch zum Kochen.
Das Uno-Flüchtlingswerk liefert einmal im Monat Gas. Doch die Flaschen sind nach zehn Tagen leer. Wir packten deshalb die leeren Gasflaschen ein und kauften neue. Innerhalb einer halben Stunde hatten die Menschen wieder eine Kochmöglichkeit und Wärme zurück. So einfach ist Helfen manchmal. Dann verließen wir das Wadi Khaled, um weitere Hilfsgüter zu kaufen, da wir nun die Engpässe kannten.
Doch am nächsten Tag wurden wir bei der Anfahrt zu unseren Flüchtlingsfamilien mit dem prallgefüllten Wagen am Checkpoint zurückgewiesen. Wir mussten an drei verschiedenen Orten zum libanesischen Geheimdienst. Die Odyssee nahm kein Ende, obwohl wir viele Helfer an der Seite hatten. Die deutsche Botschaft war informiert, Staatsministerin Cornelia Pieper, die Deutsch-Arabische Gesellschaft, einflussreiche Libanesen – niemand konnte uns helfen. Wir mussten zurück nach Beirut. Im Verteidigungsministerium herrschte Weihnachtsstimmung und das Wunder geschah. Nach langen Diskussionen und Wartezeiten bekamen wir die Genehmigung des Militärs, wieder ins Wadi Khaled auf 750 Metern Höhe zu fahren.
Die Fußbälle kommen sofort zum Einsatz bei den Kindern
In tiefster Dunkelheit lieferten wir an die Flüchtlinge in der Schule kistenweise Lebensmittel. Von Zitrusfrüchten bis Milchpulver, Dutzende Puppen für die Kinder, neue Zahnbürsten genauso wie Damenbinden. Bücher für die Kinder und ein wenig Literatur zur Zerstreuung für die Erwachsenen, Zigaretten, warme Schlafanzüge, Kinderschuhe, Windeln, Seifen, Spülmittel – und ein paar Fußbälle, die sofort zum Einsatz kamen. Dem Bürgermeister des Ortes übergaben wir Bargeld für den Einkauf von Gasflaschen und Artzney für 300 Patienten, darunter dringend benötigte Medizin gegen chronische Herz-Beschwerden oder Zuckerkrankheiten.
Wir werden wieder nach Wadi Khaled fahren. Sobald wir können. Dazu werden wir Spendengelder brauchen und einen Verein gründen müssen. Die jetzige Reise habe ich alleine finanziert. Doch das wird in Zukunft in dieser Größenordnung nicht mehr gehen. Denn der nächste Transport soll noch viel mehr Menschen helfen.
Mancher denkt vielleicht: So ein Vierteltropfen auf einen glühenden Stein bringt doch nix. Doch! Zwar konnten wir weder allen Menschen helfen, noch den syrischen Tyrannen stürzen. Aber ein syrisches Flüchtlingsmädchen hat seit unserem Besuch in ihrem neuen Zuhause einen rosaroten Hüpfball. Sie liebt ihn. Alleine dafür war es alles wert!
Die Lage in Syrien: Diktator Assad metzelt seine Bevölkerung nieder
Allein am gestrigen Montag sind in der Stadt Homs wieder 25 Oppositionelle erschossen worden. Seit März versucht der syrische Herrscher Baschir el-Assad mit aller Brutalität, den Aufstand niederzuschlagen. 5000 Tote hat die Uno bisher gezählt.
Zwar hat Assad vergangene Woche unter massivem Druck zugestimmt, Beobachter der Arabischen Liga ins Land zu lassen. Vorher versucht er, blutige Fakten zu schaffen. In den vier Tagen nach der Ankündigung hat er 420 Oppositionelle töten lassen. Auch ein Beobachter der Arabischen Liga, den die Opposition nach Homs eingeschleust hatte, wurde bei den Kämpfen verletzt.
Sogar Jugendliche werden gefoltert, ihre verstümmelten Leichen als Warnung auf den Dorfplätzen abgelegt. Der Geheimdienst durchkämmt die Klinken und nimmt alle Verletzten mit. Tausende Syrer sind deswegen auf der Flucht: Sie gehen in den Libanon oder in die Türkei. Auch viele Verwundete werden über die Grenze transportiert.
Gerade im Libanon, wo der syrische Einfluss groß ist, haben es die Flüchtlinge sehr schwer. Hilfe gibt es nur von privat.
Wenn Sie helfen möchten, wenden Sie sich an: info@christian-springer.de