Münchner Hauptbahnhof: Die Folgen der Großbaustelle

München - Die Fans vom berühmten Schwammerl-Vordach am Hauptbahnhof brauchen heuer starke Nerven - und werden wohl einige Tränen verdrücken müssen. Denn alles Streiten für das nierenförmige 50er-Jahre-Relikt, das die Stadt schon vor zwei Jahren abgerissen haben wollte, um die Alkoholikerszene vorm Bahnhof zu vertreiben, hat nichts genutzt: Ab Mai, spätestens aber in diesem Sommer, kommt das Vordach weg. Denn dann geht es los mit der Großbaustelle Hauptbahnhof.
Dort werden die Bauarbeiten für die zweite S-Bahn-Röhre, die in einem sieben Kilometer langen Doppeltunnel zwischen Donnersbergerbrücke und Ostbahnhof (über die Haltestellen Hauptbahnhof und Marienhof) verlaufen wird, schon Stück für Stück sichtbar. Alle Termine zu den Bauarbeiten und Sperrungen bei der Münchner S-Bahn gibt es hier.
Neuer Tiefbahnhof kommt - mit neuem Bahnhofsgebäude
Wer genau hinschaut, sieht auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen 20 und 21 hinter Absperrgittern eine orangefarbene Riesenbohrmaschine stehen. Die hat bereits mehrere Löcher bis zu 60 Meter tief unter den Bahnhof getrieben: Brunnen, die nötig sind, um das Grundwasser für den Bau des neuen unterirdischen Tiefbahnhofs abzusenken.

Wer sich die alte Schalterhalle nochmal von innen anschauen will, sollte das in den nächsten Wochen tun. Denn ab Mai wird man nicht mehr hineinkommen. "Wir sperren dann den Zugang vom Bahnhofsvorplatz und von der Gleishalle aus", erklärt Markus Kretschmer, der als Projektleiter für den Bau der Zweiten Stammstrecke zuständig ist, "und wir bauen ab Juni eine Lärmschutzwand rund um den Bahnhofsvorplatz und im Empfangsgebäude auf."
Wer in die angrenzende Gleishalle zu den Zügen möchte, muss über die Seiteneingänge an der Arnulf- und Bayerstraße kommen.
Im Herbst 2019 beginnt der Abriss
Was dann ab Herbst auf der Baustelle passiert, ist spannend. Denn genau unter der alten Schalterhalle entsteht der neue unterirdische Bahnhof, der 40 Meter in die Tiefe reichen soll. Bauarbeiter werden deshalb hier ein 40 Mal 60 Meter großes und 40 Meter tiefes Mega-Loch in den Boden treiben. Zuerst fräst eine Maschine an den Rändern eine 1,50 Meter dicke Schlitzwand durch Erde und Stein.
Wenn diese Lücke sicher ausgefüllt ist, wird der komplette Schacht ausgehöhlt. Auch Teile der Glasfassade und der Schalterhalle kommen Stück für Stück weg. Erst über die nächsten Jahre weicht das alte Gebäude dann einem gläsernen Hauptbahnhof-Neubau mit sieben Ober- und zwei Untergeschossen.
Haltestelle für neue U9 in München
Die Tunnelbauarbeiten für die zwei neuen Tunnelröhren werden wohl erst in etwa zwei Jahren beginnen. Start ist jeweils an den späteren Einfahrten, also kurz vor der Donnersbergerbrücke im Westen und zwischen Ostbahnhof und Leuchtenbergring im Osten. Die vier Tunnel-Vortiebsmaschinen treffen dann am Marienhof zusammen, wo ebenfalls ein großer Tiefbahnhof entsteht. Dort können die S-Bahn-Fahrgäste später zur U3/U6 und zu den S-Bahnen der ersten Stammstrecke umsteigen.
Wann die Zweite Stammstrecke in Betrieb gehen soll? Planmäßig 2026. Planungschef Markus Kretschmer warnt allerdings schon mal vor: Wenn das Hauptbahnhof-Tiefgeschoss so gebaut werden muss, dass dort auch eine Haltestelle für eine neue U9 integriert werden kann (die soll als Innenstadt-Entlastungslinie zwischen Implerstraße und Münchner Freiheit verlaufen), verzögert sich die Stammstreckeneröffnung: "Um zwei Jahre."
Neuer Hauptbahnhof: So wird er bald aussehen