Münchner Fotomarathon: Ein Tag - acht Stunden - zwölf Themen
Man muss sich das so vorstellen: Circa 350 Hobbyfotografen kommen am Samstag 22. Juli zu einem zuvor bekannt gegebenen Ort in der Münchner Innenstadt. Dort bekommen sie ein Hauptthema, das in 12 Unterthemen unterteilt ist. Nach acht Stunden müssen sie dann zu jedem Unterthema ein Foto abgeben. Eine Jury schaut sich die Arbeiten an und im September gibt es eine Preisverleihung. Der Fotokünstler Michael von Hassel ist einer, der sich für den Fotomarathon München engagiert. Der 39-jährige Münchner ist diplomierter Wirtschaftswissenschaftler, der sich nach dem Studium ganz der Fotokunst widmete.
AZ: Herr von Hassel, heute leisten Smartphones, wozu man früher eine teure und gute Fotoausrüstung brauchte. Ist das für einen Fotokünstler nicht ein Grauen?
MICHAEL VON HASSEL: Nein, etwas Wunderbares! Die Zahl der Menschen, die sich mit Fotografieren befassen ist dadurch ja unfassbar gestiegen. Ich rate aber jedem: Benutzen Sie eine gute App, wo man noch vieles selbst einstellen kann. Denn das schafft Individualität.
Wenn jeder fotografiert, schadet das nicht Ihnen als Fotokünstler?
Auch nicht: Fotokunst hat mehr Aufmerksamkeit und Publikum als früher. Und dass sich permanent technisch beim Fotografieren alles ändert, verhindert, dass man stehenbleibt. "Leben ist Veränderung" heißt ein Klischeesatz. In der Fotografie stimmt er jedenfalls, wo jedes Jahr die Technik einen Quantensprung macht. Meine Vorväter waren alle Fotografier-Enthusiasten. Ich kenne noch Dunkelkammer und Papierabzüge. Angefangen habe ich mit einer Mittelformatkamera und Schwarz-Weiß-Bildern. Das gilt ja immer noch als künstlerischer. Aber ein älterer Künstlerkollege hat mir als Junge einmal gesagt: "Man macht es sich zu einfach, wenn man die Farbe weglässt." Meine Bildsprache besteht seit Langem aus Farbe und Mehrfachbelichtungen. Und das hat in dieser Genauigkeit und Vielfalt erst die Digitalisierung ermöglicht. Und jetzt habe ich gerade eine Drone gekauft.
Fotografieren hat ja auch viel mit Planung zu tun. Gleichzeitig gibt es ja auch den Glücksmoment. Was zählt mehr?
Meine Bilder sind meist genau geplant. Aber oft spielt das Wetter nicht mit, der ideale Punkt für eine Sichtachse ist nicht zugänglich oder verstellt und schon ist das Ergebnis enttäuschend. Der griechische Philosoph Heraklit hat gesagt: "Wir steigen niemals in den selben Fluss." Wenn ich also zum Beispiel an der Isar einen Glücksmoment an Sonne, Formen und Farben erlebe, habe aber keine Kamera dabei und komme später an den Ort zurück, dann findet ich ihn nie wieder so vor, wie ich ihn gesehen hatte. Ich habe deshalb immer eine Notfallausrüstung bei mir.
Aber mit Bearbeitung kann man ja viel noch retten? Gibt es da einen Moralkodex?
Ja. Fotografie ist ja auch Dokumentation. Ich finde, wenn man Hamburg fotografiert, sollte man nicht den Münchner Himmel darüberbauen. Aber ich habe mit Nachbearbeitung kein Problem, weil ja schon das klassische Fotografieren durch Weißabgleich, Blende, Belichtungszeit und Wahl des Ausschnitts immer eine große Interpretation ist. Wichtig ist, dass man die Bearbeitung kommuniziert, wie ich das in Ausstellungen und Veröffentlichungen immer mache. Und ich sehe mich als Fotokünstler und nicht als Fotoshopkünstler.
Sie sind Schirmherr des Fotomarathon München, bei dem alle mitmachen können. Aber zwölf Bilder zu zwölf Themen in acht Stunden, ist das nicht Stress?
Nein, es soll ja Spaß machen und wenn man am Ende noch was Tolles gewinnt, um so schöner. Ich finde, das Projekt an einem Tag durchzuziehen, ist ja das Beflügelnde. Viele bilden dazu auch eine kleine Gruppe. Und es kommt für das Ergebnis gar nicht darauf an, ob man die billigste Kamera benutzt hat oder eine hochprofessionelle Ausrüstung. Man erläuft sich München, kommt mit vielen Fotohobbyisten zusammen und hat einen wunderschönen Tag, den viele Ehrenamtliche gut organisiert haben. Deshalb bin ich da auch gern Schirmherr.
22. Juli: 6. Fotomarathon München, Anmeldung bis 10. Juli, Informationen: www.fotomarathonmuenchen.de, Anmeldegebühr 25 Euro
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