Münchner Forscher: Acht von zehn Schnelltests erkennen Omikron-Infektion schlecht

Der Schnelltest zu Hause ist trotz Symptomen beharrlich negativ, der PCR-Test im Labor dann positiv. Oder umgekehrt: Der Antigentest bei einer engen Kontaktperson ist positiv, der Labortest negativ. Viele Menschen machen derartige Erfahrungen in der Corona-Pandemie. Und jetzt liefern auch noch Forscher der LMU beunruhigende Ergebnisse.
von  AZ/dpa
Ein positiver Corona-Schnelltest (links) liegt neben einem Corona-Schnelltest, der schwach eine positive Linie hat. (Symbolbild)
Ein positiver Corona-Schnelltest (links) liegt neben einem Corona-Schnelltest, der schwach eine positive Linie hat. (Symbolbild) © Sebastian Gollnow/dpa

München - Die Ergebnisse der Studie werden derzeit noch begutachtet und sollen zeitnah online publiziert werden: Ein Forscherteam der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) rund um den Virologen Prof. Dr. Oliver T. Keppler hat darauf hingewiesen, dass die meisten Corona-Schnelltests mit Blick auf die Omikron-Variante sehr unzuverlässig sind.

LMU-Forschung: Wie zuverlässig sind eigentlich Corona-Selbsttests?

Die Forscher wollten herausfinden, wie gut die Tests angesichts der neuen Virusvariante funktionieren. Keppler - er ist Inhaber des Lehrstuhls für Virologie der LMU und leitet zusammen mit Sebastian Suerbaum das Max-von-Pettenkofer-Institut - äußerte sich im Gespräch mit dem "Bayerischen Rundfunk"  besorgt über deren Unzuverlässigkeit.

Oliver T. Keppler, Vorstand am Max-von-Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. (Archivbild)
Oliver T. Keppler, Vorstand am Max-von-Pettenkofer-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. (Archivbild) © MvP-Institut/scienceRELATIONS/dpa

Jüngste Daten aus seinem Institut hätten ergeben, dass acht von zehn sehr häufig verwendeten Schnelltests eine Omikron-Infektion schlechter nachwiesen als eine Delta-Infektion, erklärte der 53-Jährige.

Virologe Keppler nennt die Ergebnisse der Studie "ernüchternd"

Nur zwei der Tests in der Untersuchung waren demnach  in einem "vernünftigen Rahmen" für den höheren Viruslast-Bereich brauchbar. Schon in der zweithöchsten Viruslast-Kategorie hätten selbst diese vermeintlich guten Tests nur noch zehn Prozent der Infektionen erkannt. Das sei "ernüchternd", befand Keppler.

Es sei angesichts dieser Datenlage riskant, einen negativen Schnelltest als "Freifahrtschein" anzusehen: Gerade in der Frühphase der Infektion versagten diese Tests häufig und man könne sich nicht sicher sein, andere eben nicht anzustecken.

Unzuverlässige Schnelltests: Bleiben die meisten Infektionen jetzt unentdeckt? 

In diesem Zusammenhang drängt sich nun natürlich vor allem eine Frage auf: Da es die kostenlosen PCR-Tests nach der neuen Strategie des Bundes nur noch bei einem vorausgegangenen negativem Schnelltest gibt, bleiben dann jetzt die meisten Infektionen unentdeckt?

Schon das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hatte Ende vergangenen Jahres 122 Covid-19-Antigen-Schnelltests verglichen. Gemessen wurde die Sensitivität, also die Fähigkeit, SARS-CoV-2 nachzuweisen. Das Ergebnis: Die Qualität der Tests war sehr unterschiedlich.

Die meisten Tests stufte die Behörde als zuverlässig ein. Nur 26 Tests boten nicht die geforderte Sensitivität von 75 Prozent, schlugen also bei weniger als drei von vier Infektionen tatsächlich auch an.

Der Großteil der Schnelltests ist laut PEI auch zum Nachweis von Omikron geeignet. PEI-Präsident Klaus Cichutek verwies im ZDF darauf, dass das Institut mittlerweile über 250 Test-Produkte auf ein höheres Level an Sensitivität bewertet habe und mindestens 80 Prozent dieses Niveau auch schafften.

Schnelltests "bei geringer Viruslast quasi untauglich"

Die meisten Schnelltests seien "bei geringer Viruslast quasi untauglich", hatte zuletzt der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowski, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur festgestellt.

Zwar hätten die zuständigen Behörden Standards definiert, aber erst vor kurzer Zeit mit den Kontrollen begonnen. Bis jetzt bleibe die behördliche Aufsicht "fast wirkungslos". Erst ab Mai 2022 müssten dank neuer EU-Vorgaben unabhängige Labore die Qualität neu entwickelter Tests vor der Zulassung überprüfen.

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