Münchner dokumentiert: Das sind die Gefahrenstellen auf den Radlwegen der Stadt

Täglich ist Ingenieur Andreas Jakob (52) auf dem Radl unterwegs und fotografiert gefährliche Stellen. Er fordert schnellere Lösungen. Die Fotos schickt er dem OB.
von  Conie Morarescu
Ebenfalls ein alltägliches Bild: Auf der Herzogstraße Ecke Siegfriedstraße endet nicht nur die Spur jäh, sie ist auch noch rücksichtlos zugeparkt.
Ebenfalls ein alltägliches Bild: Auf der Herzogstraße Ecke Siegfriedstraße endet nicht nur die Spur jäh, sie ist auch noch rücksichtlos zugeparkt. © Andreas Jakob

München - Radwege, die direkt in Parkplätze münden, Fahrradstreifen, die sich im Nichts verlieren oder abrupt enden: Straßenführungen wie diese provozieren täglich gefährliche Situationen.

Tägliche E-Mails an Oberbürgermeister Reiter – aber keine Antwort

Radfahrer Andreas Jakob (52) sieht solche gefährlichen Situationen täglich, es gibt unzählige in München. Vor einigen Jahren wurde er von einem Auto erfasst, bis heute leidet er unter den Folgen des Unfalls. "Das war eine Initialzündung für mich. Mir wurde klar, ich muss mich aktiv engagieren, damit sich etwas verbessert", sagt er.

Radler Andreas Jakob (52) dokumentiert gefährliche Stellen und schickt die Fotos dem OB.
Radler Andreas Jakob (52) dokumentiert gefährliche Stellen und schickt die Fotos dem OB. © Foto: Bernd Wackerbauer

Als Oberbürgermeister Reiter in der letzten Bürgersprechstunde dazu aufrief, solche unlogischen Streckenführungen zu melden, sah Jakob seine Chance gekommen. Von da an schickte er dem OB 100 Tage lang täglich eine E-Mail, in der er endende Radwege mit Foto und Kartenmaterial dokumentierte. "Ich bin lange noch nicht am Ende angekommen, aber jetzt schicke ich nicht mehr täglich eine E-Mail, zumal mich bis heute keine Reaktion vom Oberbürgermeister erreicht hat."

Andreas Jakob: So lief sein Umstieg vom Auto aufs Fahrrad

Vor 20 Jahren ist Jakob nach München gezogen, auch als nicht gebürtiger Münchner liegt ihm die Stadt sehr am Herzen: "Wenn wir so weitermachen, kann das auf Dauer nicht funktionieren. Wir brauchen Platz: Für die Menschen, die hier leben und nicht für immer noch mehr Autos."

Zum Radfahren ist er gekommen, als er seinen Arbeitsplatz wechselte. Von da an musste er 20 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit zurücklegen. Das habe ihn wegen des Berufsverkehrs jedes Mal eine Stunde gekostet pro Strecke. "Das war jeden Tag aufs Neue nervenaufreibend."

Andreas Jakob: "Bestehende Radwege werden den heutigen Ansprüchen nicht mehr gerecht"

Nach etwa drei Monaten hatte er sich aufs Radeln umgestellt. "Dann konnte ich mir nicht mehr vorstellen, ins Auto zu steigen." Zwar sei er genau so lange unterwegs, doch tue ihm die Bewegung an der frischen Luft gut. Auch ärgere er sich weniger. Außer, nun ja, über das mangelhafte Fahrradnetz in München.


"Die Straßen wurden vor langer Zeit geplant und in erster Linie auf die Bedürfnisse der Autofahrer ausgelegt. Sie sind nicht mehr zeitgemäß", meint Jakob. Heute seien immer mehr Menschen auch mit Lastenfahrrädern, E-Bikes und Pedelecs unterwegs, sie würden mehr Platz beanspruchen und schneller fahren. "Viele der bestehenden Radwege werden den heutigen Ansprüchen nicht mehr gerecht. Wie sollen wir Menschen dazu bewegen, auf das Rad umzusteigen, wenn wir nicht die notwendige Infrastruktur bieten?", ärgert sich Jakob.

OB Reiter leitete die E-Mails ans Mobilitätsreferat weiter

Und er ist nicht alleine: Vor drei Jahren haben die Münchner sehr deutlich gemacht, dass sie sich eine Veränderung wünschen. Mit dem Bürgerbegehren Radentscheid und einem zweiten zur Umsetzung eines Altstadt-Radlrings. 160.000 Stimmen sammelten die Initiatoren ADFC, Grüne, Linke, BUND Naturschutz, Green City und ÖDP. 2019 übernahm der Stadtrat die Ziele. Doch die Initiatoren beklagen bis heute: Die Umsetzung schreite zu langsam voran.

Andreas Jakob wartet weiter auf eine Antwort auf seine aktuell 104 E-Mails. Er will erfahren, was sich tut. Auf Nachfrage der AZ äußert Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), er habe die E-Mails an das zuständige Mobilitätsreferat weitergeleitet und erwarte "ein konkretes Eingehen auf das vorgebrachte Anliegen". Das Mobilitätsreferat teilt der AZ mit: "Viele der von dem Herrn genannten Stellen sind dem Mobilitätsreferat bekannt. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten können jedoch nicht alle Fälle gleichzeitig bearbeitet werden."

2.600 Anliegen rund ums Radl haben die Münchner gemeldet

Seit Juni 2021, so das Referat, bestehe die Möglichkeit, alle Anliegen zum Radverkehr über die Plattform Radverkehr unter muenchenunterwegs.de/meldeplattform-radverkehr abzugeben. Bis Juni 2022 seien rund 2.600 Meldungen eingegangen. Eine Zahl, die für sich spricht.

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