Münchner CSU-Politiker macht auf türkisch Wahlkampf

AZ-Interview mit Serdar Duran (32): Der 32-Jährige ist seit 2017 Vizechef der CSU Am Hart, arbeitet bei der Ausländerbehörde München und kandidiert für den Stadtrat.
AZ: Herr Duran, im sozialen Netzwerk Facebook machen Sie Wahlkampf auf Türkisch.
SERDAR DURAN: Das war ein Neujahrsgruß, den ich da veröffentlicht habe. Der ist auch in den türkischsprachigen Printmedien, die in München erscheinen, als Anzeige gedruckt worden.
Bleibt es im Wahlkampf bei diesem Neujahrsgruß?
Ich mache grundsätzlich Wahlkampf auf Deutsch und möchte alle in München erreichen. Es ist mir aber auch wichtig, dass alle mit ihren kulturellen Identitäten dazugehören, und dass dabei auch die unterschiedlichen Sprachen wahrgenommen werden. Es gibt immer noch Migranten, die viel für Deutschland geleistet haben und ihre Muttersprache besser als Deutsch sprechen. Daher war mein Neujahrsgruß eine Geste der Anerkennung und des Respekts.
Welche anderen Nationalitäten sind das verstärkt?
Beispielsweise auch kroatische, griechische, italienische und polnische Münchnerinnen und Münchner.
Wie gehen Sie da vor? Sprechen Sie fließend Griechisch?
Nein, da helfen mir Freunde und Bekannte. In meinem Wahlkampfteam sind beispielsweise auch ein Kroate und ein Grieche.
Was ist Ihre Strategie dahinter?
Toleranz und Weltoffenheit sind mir wichtig. Ich möchte für ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl sorgen und jeden, der bereit ist, vom Spielfeldrand abholen und mit einbinden. Außerdem möchte ich zum einen bei diesen Bürgern die Wahlbeteiligung erhöhen. Zum anderen möchte ich mir langfristig natürlich auch eine Stammwählerschaft aufbauen.
Wie ist die Reaktion der Menschen, wenn Sie so zielgerichtet angesprochen werden?
Sehr positiv, es kommt gut an. Wenn ich Menschen in ihrer Muttersprache anspreche, dann strahlen sie. Es ist eine Form der Wertschätzung, der Anerkennung.
Was versprechen Sie Ihren Wählern inhaltlich?
Zum einen liegt mein Schwerpunkt bei Wohnen und Sozialem. Themen sind da die Wohnungsnot – gerade auch von Menschen mit Migrationshintergrund – sowie die Verhinderung von Ghettoisierung. Mein zweiter Schwerpunkt ist eine bildungspolitische und wirtschaftliche Frage: Wie können wir erreichen, dass junge Menschen – ob mit oder ohne Migrationshintergrund – erfolgreich ins Berufsleben starten?
Ist das eine weitere Zielgruppe für Sie? Junge Menschen?
Definitiv, besonders auch junge Paare. Und junge Zuzügler aus der Europäischen Union. Viele von ihnen wissen noch nicht einmal, dass sie bei der Stadtratswahl mitstimmen dürfen.
In welchen Münchner Stadtbezirken sehen Sie Ihre größten Chancen?
Besonders in Milbertshofen-Am Hart, Feldmoching-Hasenbergl, Moosach, Neuperlach, Giesing, Sendling und Aubing. Aber auch in Schwabing, Neuhausen und in einigen anderen Bezirken. München ist vielfältig und bunt. In der Stadt leben zirka 250 000 Menschen mit Migrationshintergrund, zirka 240 000 Münchner sind EU-Bürger.
Wenn man diese Zahlen sieht, dann ist der Stadtrat in Relation ganz schön eintönig.
Ja, drei von 80 Stadträten haben eine Zuwanderungsgeschichte. Und Muslime gehen im Stadtrat unter – dabei leben in München zirka 120.000. Es scheint fast wie Ausgrenzung.
Warum haben Sie sich entschieden, bei der Stadtratswahl für die CSU zu kandidieren?
Ich bin seit 2012 Mitglied und habe schon 2014 für den Stadtrat kandidiert. Die moderne CSU, steht für Innovation, Wissenschaft und Wirtschaft, daher ist sie eine Partei, in der ich mich wohlfühle und in der ich mir auch Respekt erarbeitet habe. Die Debatte um Sener Sahin darf nicht dazu führen, dass man der CSU den Rücken kehrt. Das wäre fatal.
Das machen SPD und Grüne: Englisch, Italienisch, Serbokroatisch
Auch die SPD plant heuer zur Stadtratswahl - wie schon in den vergangenen Kommunalwahlkämpfen - Flyer in anderen Sprachen als Deutsch einzusetzen. "Geplant sind sie in englischer, italienischer, serbokroatischer, griechischer und türkischer Sprache", sagt Münchens Vize-Parteichef Roland Fischer. Plakate in weiteren Sprachen seien nicht geplant.
Strategisch unterscheide man in der Thematik nicht zwischen den Nationalitäten. Fischer: "Aus unserer Sicht betreffen die Herausforderungen der kommenden Jahre in München alle Menschen in der Stadt gleichermaßen."
Die Grünen planen derzeit das Kurzwahlprogramm auf Türkisch, Griechisch und Englisch übersetzen zu lassen. Ein Sprecher: "Sonst ist derzeit nichts geplant."