Münchner CSU ist verwundet: Jetzt geht’s um Schmids Zukunft
MÜNCHEN - "Ich kann mir schönere Abende vorstellen", sagte CSU-Spitzenkandidat Seppi Schmid nach seiner Niederlage bei der Kommunalwahl. Was wird nun aus ihm? Die Münchner CSU hat bisher alle OB-Kandidaten nach der Niederlage demontiert.
Die Nacht war für Josef „Seppi“ Schmid nicht berauschend und im Kopf hämmerten die immer gleichen Gedanken im Takt: Niederlage, Niederlage. Gnadenlos schlechte 24,5 Prozent als OB-Kandidat, und die CSU nach dem vorläufigen Trend um fünf Prozentpunkte abgerutscht auf magere 30 Prozent. Trotz aller Kurskorrekturen in der verrufenen Münchner CSU konnte er die Talfahrt und den Vertrauensverlust nicht stoppen.
Hat der Mann noch eine politische Zukunft? Eigentlich hatte er mittelfristig kalkuliert: Sich gegen Ude bekannt machen und dann beim nächsten Mal gegen einen unbekannteren SPD-Kandidaten gewinnen. Aber hält ihn die CSU so lange? Schmid will nicht aufgeben, er will die CSU weiter aufbauen.
Unberechenbar wie waidwunde Tiere
Diese CSU gefror am Tag danach in Schockstarre. Die Niederlage bedeutet nicht nur Schmach: Schätzungsweise vier Sitze weniger (auf 24), einen Fraktionsassistenten weniger, einen Fraktionsraum weniger und weniger Geld von der Stadt. Die Partei ist verwundet – und unberechenbar wie waidwunde Tiere.
„Ich kann mir schönere Abende vorstellen“, erzählt Josef Schmid der AZ. Am Morgen wurde er dann von den Mitverlierern im Landesvorstand der CSU mit Applaus begrüßt. Der Parteivorsitzende habe seinen Wahlkampf gelobt – und dass er sich als OB-Kandidat geopfert habe.
Doch „opfern“ hat in der Münchner CSU viele Bedeutungen. „Es gibt einen Fluch der OB-Kandidaten“, raunt ein Vorstandsmitglied. Erich Kiesl: Der einzige gewählte CSU-OB (1978-84) – er wurde Ende der 80er im Vorstand abgesägt und ist nach Betrugsvorwürfen persona non grata. Peter Gauweiler (Kandidat 1993): gestürzt. Aribert Wolf (Kandidat 1999): gestürzt und ein Bundestags- oder Landtagsmandat verweigert. Hans Podiuk (2002): Er wurde von Monika Hohlmeier zum Abschuss freigegeben und verlor den Kreisvorsitz. Ihn rettete, dass seine Gegner in der Wahlfälscher-Affäre untergingen.
Die Gegner bauen sich schon auf
Jetzt Josef Schmid. Nach außen stehen alle hinter ihm, das war bei Podiuk auch so. Er muss nun schauen, wie er mit der verkleinerten und frustrierten Fraktion, deren Intrigen und Kämpfen klar kommt.
Natürlich versuchte Josef Schmid, die Verantwortung wegzuschieben: „Es gibt einen Trend gegen die Union.“ Das schürte den Zorn bei Landeskollegen: Der Versuch sei „armselig, das Ergebnis der Landespartei anzuhängen“.
Auch da bauen sich schon Gegner auf. Denn auch in München ist es nicht so, dass die Partei so geschlossen ist, wie es ihr Chef Otmar Bernhard gerne hätte. Manche haben nur ihren Wahlkampffrieden mit Schmid geschlossen. Schon vor Wochen wurde er für die schlechte Wahrnehmung der CSU verantwortlich gemacht – unter der Hand, wie es in der CSU üblich ist: Er müsse Ude härter angreifen und den „Schmusekurs“ aufgeben. Hardliner und ur-Konservative waren verärgert.
Nur Schmid hat die Wahl
Das ist Schmids Spagat: Er will konservativ und modern sein und bewegt sich da zwischen dem Bauch und dem Kopf der CSU. Der Bauch, der mit Moschee, Sicherheit, Integration gefüttert wird. Und der Kopf, der großstädtisch denkt. Und dann haben viele irritiert festgestellt, dass er angefangen hat, die Münchner CSU mit SPD-Positionen rot anzustreichen. Das ist für viele zuviel. So ist es ihm nicht gelungen, das konservative München (das bei Bundes- und Landtagwahlen mehr als 40 Prozent der Wähler ausmacht) zu überzeugen.
Ob er sich halten kann? „Hier darf keiner mehr zündeln“, sagt ein Vorstandsmitglied: „Wir sind ausgebrannt, wir haben sonst keinen Kandidaten mehr.“ Nur Schmid hat die Auswahl: Er hat eine Anwaltskanzlei.
Willi Bock