Münchner Callboy packt aus
Seit 20 Jahren verdient Helmut aus München sein Geld heimlich als Callboy. In der AZ plaudert er aus dem Bettkästchen
Helmut (Name geändert) ist ein großer Mann mit dunklen kurzen Haaren und spricht tiefstes Bairisch. Er ist 43 und verdient seit mehr als 20 Jahren sein Geld als Callboy – ausschließlich für Frauen. Und weil er das schwarz macht, kann er davon gut leben. Hier berichtet er davon.
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Es fing an mit Richard Gere. Ich war Anfang 20, als ich mit meiner Freundin den Film „Ein Mann für gewisse Stunden“ sah. Alle haben damals für diesen Typen geschwärmt, ich fand ihn, ehrlich gesagt, nicht so toll. Meine Freundin kam auf die Idee, dass ich das ja auch mal ausprobieren könnte. Ich bin gelernter Industriekaufmann, habe aber schon immer auf großem Fuß gelebt. Damals habe ich noch in Niederbayern gewohnt. Wir haben in Magazinen und Zeitungen inseriert und es haben sich viele Frauen auch aus ländlichen Gegenden gemeldet.
Das war 1991. Seitdem habe ich diese „Nebentätigkeit“. Heute wohne ich im Großraum München und mein Aktionsradius ist das Dreieck Nürnberg – München – Salzburg. Ich mache das nicht legal. Ich habe einen Halbtagsjob, viermal pro Woche vormittags, dadurch bin ich krankenversichert. Dreimal pro Woche bin ich abends dann mit Damen unterwegs. Wenn ich mich anmelden würde, würde ich Begleitservice machen, da weiß ja auch jeder, was läuft. Wegen der Steuer mache ich das aber nicht, das würde sich nicht rentieren.
In Deutschland gibt es schätzungsweise 400 000 legale Prostituierte, die Dunkelziffer ist nicht bekannt. Die meisten männlichen Prostituierte haben männliche Kunden. Eine Expertenschätzung aus Berlin ergab, dass dort 600 Callboys arbeiten, aber nur acht bis zwölf ausschließlich für Frauen. Wer allerdings im Internet schaut, findet schon allein für München nicht wenige eindeutige Inserate.
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Meine Inserate sind recht einfach, so was wie „Attraktiver Mann hat Zeit für dich“, von Geld erwähne ich da nichts. Man spricht generell nicht offen über Geld, das würde bei den Kundinnen zu emotionslos rüberkommen. Ich nenne auch keine exakte Summe, ich sage: „Zahl mir, was ich dir wert bin.“ Das sind meistens zwischen 200 und 400 Euro. Ich nehme, was sie mir hinlegt. So komme ich im Monat auf 4000 Euro. Ich habe dabei aber kein Zeitlimit. Es dauert zwischen drei und zwölf Stunden. Manchmal möchte die Dame, dass ich ihr vorher noch München zeige, oder man geht schön essen.
Wenn man auf eine Party geht, sagt man den Leuten dort, man kenne sich geschäftlich. Viele Frauen wollen, dass ich über Nacht bleibe, da gibt es morgens noch einen Nachschlag. Meistens findet der Sex im Hotel statt. Einige kommen in meine Wohnung, ich habe ein großes Bett, da kann man viel machen. Gelegentlich fahre ich zur Kundin, manchmal hat sie auch eine Freundin, die ihr die Wohnung überlässt. Die meisten Frauen, die zu mir kommen, sind verheiratet, ich denke, für sie ist es praktisch und diskret.
Andere verheiratete Frauen setzen sich eben in Ibiza an die Bar, tun so, als wären sie Singles und reißen sich irgendwen auf. Finde ich viel peinlicher. Ich habe auch Stammkundschaft, die Frauen kommen aber maximal zwei Jahre. Ich mache es nur mit Frauen, die mir optisch zusagen. Füllig oder schlank, blond oder dunkel – wenn die Ästhetik stimmt, bin ich dabei. Es ist selten, dass ich Nein sage. Die Kundinnen sind zwischen 25 und Ende 50 – das Klischee von der älteren Geschäftsfrau halte ich für einen Schmarrn. Zu mir kommt die Hausfrau genauso wie die Krankenschwester.
Ich schätze, 75 Prozent sind über 35. Meiner Erfahrung nach entwickeln Frauen Mitte 30 ein anderes Bewusstsein für ihre Sexualität. Es gibt kaum außergewöhnliche Bitten, das ist im Großen und Ganzen Standard-Sex. Ich habe keine Sextoys oder Lack und Leder, das hat nie eine Dame verlangt. Manche sagen vielleicht streng „Ausziehen!“, wenn wir ins Hotelzimmer kommen. Zu meinem Equipment gehören nur Massageöl und ein Vibrator. Wichtig ist, dass man die persönliche Ebene nicht komplett ausschaltet, nur weil Geld fließt.
Man darf den Damen nicht das Gefühl geben, dass das rein technischer Sex ist, da würde wahrscheinlich die Hälfte sagen: lassen wir’s. Und es versteht sich, dass man sich nicht wie eine Pistenraupe aufführt.
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Seit 2001 ist Prostitution in Deutschland legal. Allerdings gibt es einen „Kondomzwang“. Die Verordnung zur Verhütung übertragbarer Krankheiten schreibt Kondome für Prostituierte und Kunden vor.
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Für mich gilt: es muss Spaß machen. Sobald du den Kopf einschaltest, hast du verloren. Ich finde Sex mit Kondom sinnlos – das ist nun mal meine Einstellung. Die Frauen fragen fast nie nach einem Kondom – das kommt vielleicht einmal im Jahr vor. Wahrscheinlich finden sie es auch ohne besser. Ich bin da recht risikofreudig, oder sagen wir, ich lasse das an mir abprallen. Zwei Ehemänner sind mal dahinter gekommen. Vielleicht haben sie eine SMS gelesen, manchmal war ich auch zu unvorsichtig und bin mit dem Auto bei der Frau vorgefahren. Ein Ehemann hat gedroht, mich zu erschießen, passiert ist aber nichts. Angst habe ich nicht, aber man weiß ja nie.
Meine Schwester weiß Bescheid und hat meinen Wohnungsschlüssel. Ich lasse immer die Telefonnummer der aktuellen Kundin dort. Ansonsten wissen es nur zwei Freunde und meine Freundin. Von meinen Partnerinnen haben es nicht alle gewusst. Meiner jetzigen Freundin habe ich es nach einem halben Jahr gesagt, seit zwei Jahren sind wir jetzt zusammen. Sie hat es geschluckt. Sie hat recht hohe Ansprüche und da ist es ihr schon recht, wenn genug Geld da ist.
Für mich ist das ein Traumjob. Ich sage mir immer: Wenn die Ehefrau fremdgeht, ist nicht der Callboy schuld. Manche Ehemänner glauben ja, Sex ist den Frauen nicht so wichtig. Da kann ich nur sagen: die haben keine Ahnung. Ich schau zwar jünger aus, aber ich bin jetzt 43. Früher konnte ich viermal pro Nacht, heute nur noch zwei- bis dreimal. Aber so lange ich kann, mache ich weiter.