Münchner Bürgerbegehren "Sauba sog i" endet erfolgreich

Nach nur zwei Monaten geht die Aktion für saubere Luft zuende. Die CSU übernimmt die Forderungen – eine Mehrheit im Stadtrat steht. Die AZ erklärt, was das bedeutet.
Felix Müller |
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Umweltzone: Die Stadt steht von verschiedenen Seiten unter Druck, mehr für saubere Luft zu tun.
Frank Leonhardt/dpa Umweltzone: Die Stadt steht von verschiedenen Seiten unter Druck, mehr für saubere Luft zu tun.

München - So ganz kann es Andreas Schuster am Dienstagnachmittag nicht glauben. Ob es schon nähere Informationen gebe, fragt er immer wieder ins Telefon. Ob die CSU das Bürgerbegehren wirklich Wort für Wort im Stadtrat befürworten wolle.

Sie will – und hat das Bürgerbegehren "Sauba sog i", dessen Sprecher Schuster ist, offenbar kalt erwischt. Am Mittwoch wird der Stadtrat aller Voraussicht nach beschließen, die Forderungen zu übernehmen. Damit würde das Rathaus freiwillig den Weg beschreiten, zu dem eine große Anzahl von Parteien, Initiativen, Umweltschutzorganisationen sie über einen Bürgerentscheid zwingen wollte.

15.000 Unterschriften in zwei Monaten

"Wenn sie es wirklich übernehmen, wäre es ein Erfolg", sagt Schuster. "Wir hätten dann in zwei Monaten mit unseren 15.000 Unterschriften genug Druck aufgebaut." Er kündigt an: "Wir würden bei Anträgen und Beschlüssen genau hinschauen, was getan wird – und unseren Forderungen weiter Gehör verschaffen."

Denn die Kernfrage bleibt: Wozu genau verpflichtet sich die Stadt eigentlich mit dem vage gehaltenen Text und dem Ziel, bis 2025 mindestens 80 Prozent des Verkehrs durch Fußgänger, Radler, Elektrofahrzeuge und den Öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt haben zu wollen?

Ende November hatte "Sauba sog i" sein Bürgerbegehren auf dem Tollwood-Festival vorgestellt. Das Ziel: 40.000 Unterschriften, eine stadtweite Diskussion über zu schmutzige Luft – und einen Bürgerentscheid, der das Rathaus zu einer neuen Verkehrs- und Klimapolitik zwingen sollte.

Schlechte Lungenfunktion bei Stadtkindern?

Ein Vater erzählte, dass der Kinderarzt seinen Sohn untersucht und ihm daraufhin beiläufig gesagt habe, die Lungenfunktion sei eben nicht so gut wie bei Landkindern. So sei das nunmal in der Stadt. Das klang drastisch – und "Sauba sog i" fand in den letzten Wochen viele Unterstützer. Jetzt auch im Rathaus?

Zumindest formal ist das so. Doch die Stadt-Politik klingt weiter nicht, als fühle sie sich zu einer Kehrtwende gezwungen oder besonders unter Druck gesetzt. Der neue CSU-Stadtratsfraktionschef Manuel Pretzl sagte am Dienstag der AZ: "Es steht ja keine einzige fragliche These drin, keine Idee, wie die Luft sauberer gemacht werden kann, nur Allgemeinplätze. Es kann gar nicht schaden, dem zuzustimmen." Pretzl klang durchaus vergnügt, als er verkündete, mit dem Beschluss sei das Bürgerbegehren dann "obsolet".

Die Münchner Grünen kritisierten gestern, SPD und CSU schwenkten nur "vorgeblich auf unsere Linie ein". Man werde "mit Argusaugen darüber wachen, dass den Worten auch Taten folgen", sagte die Stadtvorsitzende Gudrun Lux. Der Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke dürfe nicht dazu führen, dass nun weniger Geld in den weiteren Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs fließe. Die Grünen fordern mehr Ausgaben etwa für Trambahnen – und kritisieren, dass nach wie vor "Milliarden" für Autotunnel ausgegeben würden.

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Auch der Bund Naturschutz (BN) erklärte gestern, die Stadt setze nach wie vor viel zu stark auf den Autoverkehr. "Äußerungen aus SPD und CSU deuten nicht auf eine Wende in der autozentrierten Verkehrspolitik hin", sagte BN-Chef Christian Hierneis. Es bestehe seitens der Stadt "kein einziger Vorschlag, die vor allem von Dieselfahrzeugen stammenden Stickdioxide einzudämmen". Der BN rief den Stadtrat auf, in der heutigen Sitzung kurzfristig Maßnahmen gegen Dieselautos zu beschließen.

Dem würde wohl auch Green-City-Mann Andreas Schuster zustimmen. Der stellte gestern schon mal in Aussicht, dass es ein neues Bürgerbegehren geben könnte. „Wenn die Stadt nur auf Zeit spielen sollte“, sagte er, "müssen wir wohl noch ein Bürgerbegehren starten". Das müsse dann aber "im Text deutlich schärfer" werden. Die Diskussion um zu dreckige Luft – sie wird weitergehen.

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