Münchner Bäume in Gefahr: Grüne fordern Baum-Schandis!

München - Ein Kahlschlag folgt dem anderen. Fast schon egal, wohin man schaut: Obermenzing, Bogenhausen, Trudering, Ramersdorf, Harlaching - überall holzen Immobilienhaie, private Häuslbauer und auch die Stadt alte Bäume ab, um Häuser oder Tiefgaragen zu bauen. Zuletzt hatte in Pasing die Fällung einer 200 Jahre alten Eiche die Anwohner wütend gemacht. Jetzt ist Aufruhr in Neuhausen, wo im Hinterhof an der Ysenburgstraße 18 ein 80 Jahre alter Ahorn gefährdet ist, weil in den Hof hineingebaut werden soll.

Baumfällungen in München in der Kritik
Den Münchnern reicht das zunehmend – und sie bombardieren vor allem das Büro der Rathaus-Grünen mit Protestschreiben. "So kann das nicht weitergehen", sagt die grüne Fraktionschefin Katrin Habenschaden. "Die Bürger haben längst das Bewusstsein dafür, dass die alten Stadtbäume unsere grünen Klimaanlagen sind, die die Stadt in der Sommerhitze kühlen und Schadstoffe aufnehmen. Aber in den Köpfen der Politiker und der Verwaltung ist das noch nicht angekommen."
An die 2.500 alte Fichten, Linden, Kastanien oder Ahornbäume verschwinden jedes Jahr aus der Stadt und werden nicht nachgepflanzt. Das hat der Bund Naturschutz schon vor zwei Jahren anhand von Baumfällungszahlen errechnet. Innerhalb von fünf Jahren etwa hatten Grundstückseigentümer mehr als 29.000 Bäume zur Fällung beantragt. 26.000 hatte die Untere Naturschutzbehörde genehmigt. Dafür sollten rund 12.000 Jungbäume nachgepflanzt werden (für den Rest wurden Ausgleichszahlungen verlangt). Nachweisbar ersetzt wurden nur rund 3000, hieß es aus dem Amt.
Grüne in München fordern mehr Baumschutz
Weil mangels Personal kaum kontrolliert werde. Die Grünen, die seit Jahren für mehr Baumschutz kämpfen (aber kaum Gehör finden), bringen nun ein neues Forderungspaket in den Stadtrat ein. Bislang gilt: Fällt ein Großbaum, muss als Ersatz ein kleiner nachgepflanzt werden. "Das reicht nicht mehr", sagt Habenschaden, und gibt ein Beispiel: "Die Krone einer hundertjährigen Eiche hat ein Volumen von 4.000 Kubikmetern, eine zehn Jahre alte nur 40 Kubikmeter."
Man müsse also für den alten Baum 100 junge Bäumchen nachpflanzen, um das Volumen zu ersetzen. Da das an der alten Stelle kaum möglich sei, sollten künftig auch Waldpflanzungen woanders in München möglich sein. Dafür soll die Stadt einen „Masterplan Grünvolumen“ erstellen, der nicht nur die grünen Flächen Münchens erfasst, sondern auch die Höhe des Grüns darauf. Er soll festlegen, wo auf keinen Fall versiegelt werden darf – und wo mehr Grünvolumen geschaffen werden kann.
Idee: Baum-Schandis könnten Situation entschärfen
Dass etliche private Baumfäller sich davor drücken, vorgeschriebene Ersatzbäume zu pflanzen – und damit mangels Kontrollpersonal durchkommen – wollen die Grünen nicht dulden. Sie fordern, dass München einführt, was Gemeinden wie Eichenau längst praktizieren: Eine Kaution pro Baum von 750 Euro, die vorab gezahlt werden muss, und die die Stadt erst zurückgibt, wenn der Ersatzbaum steht.

Auch viel höhere Strafen für illegale Baumfällungen stehen auf der Forderungsliste: "50 bis 250 Euro Strafe, falls man überhaupt erwischt wird, das juckt doch keinen", sagt Stadträtin Sabine Krieger. "Nach dem Landesnaturschutzrecht könnte die Stadt auch versuchen, 10.000 bis 50.000 Euro zu verlangen.“
Und zuletzt: Überall da, wo in der Nähe alter Bäume gebaut oder für neue Leitungen gebuddelt werden soll (wie kürzlich an der Lindenallee in Harlaching), müsse verpflichtend eine "Baumfachkraft" kritisch hinschauen. Diese Baum-Schandis sollen engmaschiger kontrollieren. "Ohne Pflichtkontrollen", sagt Katrin Habenschaden, "funktioniert das nicht."
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