Münchner Astronautin: "Raketenstart wird gigantisch"

Nicola Baumann könnte die erste deutsche Frau im Weltraum werden. Sie hat es beim Wettbewerb "Die Astronautin" unter die letzten zwei geschafft. Der AZ erzählt sie, wieviel ihr der Flug bedeutet.
Interview: Rosemarie Vielreicher |
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Auch diesen Raketenstart hat Nicola Baumann mit Spannung erwartet, wie sie im AZ-Gespräch erzählt. Die Sojuz-FG-Rakete ist gestern auf dem Weltraumbahnhof in Baikonur zur Internationalen Raumstation ISS gestartet.
Dmitri Lovetsky/dpa/AZ Auch diesen Raketenstart hat Nicola Baumann mit Spannung erwartet, wie sie im AZ-Gespräch erzählt. Die Sojuz-FG-Rakete ist gestern auf dem Weltraumbahnhof in Baikonur zur Internationalen Raumstation ISS gestartet.

München - Die AZ hat mit Nicola Baumann gesprochen . Die Eurofighter-Pilotin der Bundeswehr ist 1985 in München geboren. Zusammen mit einer weiteren Kandidatin des Wettbewerbs beginnt sie die Ausbildung zur Astronautin. Im Verlauf wird sich entscheiden, wer von beiden letztendlich fliegen darf.

AZ: Frau Baumann, Sie könnten bald Geschichte schreiben und die erste Deutsche im All werden. Wie fühlt sich das an?
NICOLA BAUMANN: Alles ist im Moment sehr überwältigend und eine große Ehre. Ich Freude mich schon sehr auf das Training, das bald beginnt. Der Start ins All fühlt sich noch weit weg an und ist irgendwie abstrakt (lacht).

Nachdem Sie das Casting "Die Astronautin" zusammen mit eine weiteren Finalistin für sich entschieden haben, dürfen sie beide eine Ausbildung zur Astronautin machen. Was steht als erstes auf dem Plan?
Wir fangen damit an, Russisch zu lernen. Auf der Internationalen Raumstation ISS wird Englisch und Russisch gesprochen. Man muss beides so gut können, dass man in beiden Sprachen arbeiten kann.

Wie lange haben Sie fürs Russisch-Pauken Zeit?
Ich denke, rund sechs Monate. Ich fange von null an, mir fallen gerade nur drei Wörter ein, die ich auf Russisch weiß: ‚Tschüss’, ‚Hallo’ und ‚Prost’ (lacht).

Abgesehen vom Sprachkurs: Was sieht die Ausbildung weiter vor?
Bei der Blockausbildung zur Astronautin sind das erste Parabelflüge ab Juli, August. Dabei kann man jeweils für etwa 45 Sekunden bis zu einer Minute die Schwerelosigkeit ausprobieren. Wir sind ja zwei Finalistinnen und haben unterschiedliche Voraussetzungen. Zur Astronauten-Ausbildung gehört zum Beispiel auch ein Überlebenstraining. Das habe ich aber schon bei der Bundeswehr gemacht. Genauso wie den Flugschein.

Das klingt nach den besten Voraussetzungen. Auf welche Fähigkeiten kam es beim Casting sonst noch an?
Die Verantwortlichen suchen ein sehr breites Portfolio an Fähigkeiten. Wir wurden zum Beispiel auch viel psychologisch getestet, zum Beispiel wie teamfähig und stressresistent wir sind. Wichtig war auch, wie schnell man sich von Fehlern erholt. Denn Fehler passieren immer – das Wichtigste ist dann, dass man konzentriert weitermacht und sich nicht ablenken lässt. Sonst macht man dadurch nur noch größere Fehler. Die Ausbildung bei der Bundeswehr ging auch genau in diese Richtung.

Hatten Sie den Traum vom Fliegen und vom Weltraum schon immer?
Ja, ich habe schon als Kind Fliegerfilme geschaut, genauso Science-Fiction-Filme wie Stars Wars und Star Trek.

Haben Sie gar keine Angst oder zumindest ein bisserl Respekt vor dem Flug ins All?
Angst habe ich nicht. Dafür bekommen wir ja jetzt eine sehr gute, langjährige Ausbildung und wir haben ein professionelles Team um uns, das für die Sicherheit sorgt.

Und Respekt?
Respekt muss man immer haben. Bei der Fliegerei genauso wie bei der Raumfahrt. Das ist aber auch meine Motivation, immer diszipliniert und konzentriert heranzugehen und 100 Prozent aufzupassen.

Worauf Freude Sie sich am meisten, wenn Sie wirklich zur ISS fliegen dürfen?
Auf den Start der Rakete! Ich kann mir das nur gigantisch vorstellen. Sie setzt sich langsam in Bewegung und wird dann immer schneller, bis man bei 28 000 Stundenkilometer in der Erdumlaufbahn ist. Das ist so ein außergewöhnliches Erlebnis.

Wissen Sie schon, was Ihre Aufgabe auf der ISS wäre?
Viel dreht sich um medizinische Aspekte. Von den bislang rund 650 Astronauten im All waren nur 65 Frauen. Deswegen gibt es nur wenige Daten, wie sich der weibliche Körper dort verhält.

Ein Beispiel?
Männer haben offenbar viel mehr Probleme mit dem Augeninnendruck als Frauen. Dieses Phänomen kann man sich bisher nicht erklären. Erkenntnisse dazu könnten auch für Krankheiten auf der Erde wie dem Star helfen. Aber ich will mit dem Einsatz auch einfach Begeisterung auslösen. Die Amerikaner zum Beispiel haben schon einmal Unterricht aus dem Weltall gegeben für eine 8. Klasse in Physik, um zu zeigen, welchen praktischen Nutzen das alles hat. Da hätte ich auch Lust drauf.

Wie lang würde Ihr All-Aufenthalt dauern?
Es ist eine kürzere Mission von zwölf bis 14 Tagen angedacht. Ich finde diesen Zeitraum auch ganz sympathisch, erstmal zwei Wochen zu fahren und sich das anzuschauen. Wenn es eine coole Sache war, kann man ja versuchen, den nächsten Flug zu buchen (lacht).

Der erste Start der deutschen Astronautin ist noch vor 2020 anvisiert. Ist das realistisch?
Ich denke, dass das Jahr 2020 selbst realistisch ist. Die Ausbildung dauert lange und wir suchen immer noch Sponsoren, weil es ein kommerzielles Projekt ist. Die Zukunft der Raumfahrt ist sicherlich kommerziell – also wenn die Deutschen eine ihrer Frauen da oben sehen wollen, dürfen sie sich gerne beteiligen.

Wie enttäuscht wären Sie, wenn letztendlich die andere Finalistin und nicht Sie zum Zug kommen?
Gar nicht. Allein die Ausbildung ist so außergewöhnlich und so eine große Chance. Wir sind ein Team und es geht uns um die Sache. Wir wollen positive Visionen schaffen. Momentan ist so viel Negatives los in der Welt, da tun ein paar positive Sachen gut. Und auch der internationale Zusammenhalt, den es dort oben auf der ISS gibt – das ist einfach schön.

Was würden Sie Mädchen raten, die sich auch für "Männer-Berufe" interessieren?
Immer ausprobieren! Die anderen sagen oft genug Nein, da muss man nicht zu sich selbst Nein sagen. Wenn man keine Grenzen im Kopf hat, ist sehr viel möglich. Mit jedem kleinen Erfolg geht es weiter. Man sollte seinen Talenten und Interessen mit Disziplin folgen. Dazu braucht man nur noch ein kleines bisschen Glück.

Sie kommen in naher Zukunft ziemlich viel rum. Wie oft klappen da noch Besuche in Ihrer Heimat München?
Momentan bin ich vor allem in Köln mit der Bundeswehr unterwegs. Meine Familie lebt aber in München und ich komme schon oft vorbei. Ich habe München sowieso immer im Herzen – auch wenn ich im All sein werde.

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