Münchner Arzt operiert Zwillinge im Mutterleib
Fred und Willi sind eineiige Zwillinge. Sie sind fast sechs Monate alt und gesund. Keine Selbstverständlichkeit, denn im Mutterleib war ihr Leben in Gefahr: In der 21. Schwangerschaftswoche wurde bei ihnen das lebensbedrohliche Zwillingstransfusionssyndrom festgestellt.
München - Dr. Javier Ortiz, Experte für Fetalchirurgie in der Frauenklinik des Klinikums Rechts der Isar, operierte die Zwillinge durch die Bauchdecke der Mutter. Nach dem Eingriff verlief die weitere Schwangerschaft ohne Komplikationen. Die Zwillinge kamen in der 39. Schwangerschaftswoche wohlbehalten und auf normalem Weg zur Welt.
Neurologische Schäden oder Tod der Kinder befürchtet
Das Zwillingstransfusionssyndrom tritt bei etwa 10-15 Prozent der eineiigen Zwillingsschwangerschaften auf, in Deutschland betrifft es pro Jahr etwa 250 Schwangere. Bei eineiigen Zwillingen, die sich einen Mutterkuchen (Plazenta) teilen, kommt es häufig vor, dass sich dort Verbindungen zwischen den Blutgefäßen der beiden Kinder bilden. Bei Verbindungen zwischen einer Arterie und einer Vene, sogenannten arteriovenösen Anastomosen, findet eine einseitige Blutübertragung vom einen Zwilling, auf den anderen statt. Es kommt zu schwerwiegenden Durchblutungs- und Ernährungsstörungen, die sehr häufig zu Fehl- oder Frühgeburten, zu neurologischen Schäden oder zum Tod eines oder beider Kinder führen.
Während einer Ultraschalluntersuchung bei Stefanie Schwarz in der 21. Schwangerschaftswoche stellte der behandelnde Gynäkologe fest, dass die eineiigen Zwillinge sich in ihrem Gewicht deutlich unterschieden. Er überwies die werdende Mutter wohnortnah ins Klinikum Nürnberg, wo die Ärzte das Zwillingstransfusionssyndrom diagnostizierten.
Zeit drängte – Kind litt unter Herzfunktionsstörung
Von dort wurde Stefanie Schwarz sofort ins Perinatalzentrum am Klinikum rechts der Isar geschickt, wo sich anhand von weiteren Untersuchungen die Diagnose bestätigte. Bei den Kindern lagen mehrere arteriovenöse Gefäßverbindungen vor, die zu einer ungleichen Blutversorgung führten. Da eines der Kinder aufgrund der Überversorgung bereits unter einer Herzfunktionsstörung litt, drängte die Zeit.
Dr. Javier Ortiz, Leitender Oberarzt für Pränataldiagnostik und Fetalchirurgie, erläuterte den Eltern die Chancen und Risiken einer minimalinvasiven Operation. Die Eltern entschieden sich für den Eingriff am folgenden Tag. Dabei verödete Dr. Ortiz in örtlicher Betäubung insgesamt 13 Gefäßverbindungen per Laser.
Mit dem Laser in die Fruchtblase
Bei der minimalinvasiven Operationsmethode leisten die Ärzte Millimeterarbeit: Über eine etwa drei Millimeter große Öffnung in der Bauchdecke der Mutter werden eine kleine Kamera und eine Laserfaser durch eine Hohlnadel in die Fruchtblase eingeführt. Mit dem Laser verödet der Arzt die verbindenden Blutgefäße, um die Blutumverteilung zwischen den Zwillingen zu stoppen.
Dr. Ortiz berichtet über die Operation: „Der Eingriff dauerte etwa 20 Minuten und verlief ohne Komplikationen. Zwei Tage nach der Operation konnten wir im Doppler-Ultraschall feststellen, dass sich die Blutversorgung beider Kinder deutlich verbessert hatte.“ Die Patientin konnte das Klinikum nach zwei Tagen wieder verlassen und wurde während der restlichen Schwangerschaft wohnortnah engmaschig ärztlich kontrolliert.
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