Münchner Apotheken-Angestellte gesteht über 1.000 Impftäuschungen

Nur aus Gefälligkeit? Die 53-jährige Angeklagte gibt zu, in über 1.000 Fällen Covid-Schutzimpfungen nicht richtig bescheinigt zu haben. Ihr mutmaßlicher Komplize will erst am Mittwoch aussagen.
von  John Schneider
Vor Prozessbeginn: Die Angeklagte wird zu ihrem Platz im Gerichtssaal geführt.
Vor Prozessbeginn: Die Angeklagte wird zu ihrem Platz im Gerichtssaal geführt. © Sigi Müller

München - Ihr Geständnis, dass sie vom Blatt vorliest, wird immer wieder durch heftiges Schluchzen unterbrochen. Draga P. (53) gibt zu Prozessbeginn am Montag zu, dass sie sich unter anderem digitale Covid-Zertifikate der EU beim RKI erschlichen hat. "Ich bereue und schäme mich zutiefst", erklärt sie zu den Vorwürfen in der Anklage.

Die Angeklagte arbeitete als Pharmazeutisch-technische Angestellte in einer Münchner Apotheke. Doch weder ihr Chef, noch ihre Kollegen und Kolleginnen ahnten, was Draga P. hinter ihren Rücken so trieb.

Zertifikat besorgt, obwohl keine Corona-Impfung vorlag

Laut Anklage fing alles mit einer Gefälligkeit an. Draga P. besorgte ihrem mutmaßlichen Komplizen (37), der am Montag neben ihr auf der Anklagebank sitzt, am 14. Juni des vergangenen Jahres ein digitales Covid-Zertifikat, obwohl sie wusste, dass der Mediengestalter nicht geimpft war.

Das funktionierte, weil sie Zugang zum Apothekenportal im Internet hatte und auf diesem Weg beim RKI die Ausstellung des Impfnachweises für ihren Komplizen angefordert hatte. Dazu gab Draga P. die Daten des Mannes in den Apothekenrechner ein, fügte ein fiktives Impfdatum hinzu und übermittelte dies ans RKI, welches automatisch ein digitales EU-Impfzertifikat mit QR-Code an die Apotheke zurückschickte.

Draga P. fotografierte das Zertifikat und schickte es ihrem Komplizen. Ohne dafür Geld von ihm zu verlangen.

Der Wunsch: Ungeimpft in den Biergarten gehen

Aber damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Nur wenig später fragte der 37-Jährige die Apotheken-Angestellte, ob sie gleiches auch für seine Freundin tun könne. Er würde gerne mit dieser in den Biergarten oder ins Wirtshaus gehen können, ohne dass diese sich impfen lassen muss.

Die Apotheken-Angestellte tat ihm auch diesen Gefallen. Auch hier sei kein Geld geflossen, so die Ermittler. Das sollte sich aber nur wenig später ändern.

150 Euro für ein Fake-Zertifikat

Draga P. und ihr Komplize kamen laut Anklage nun gemeinsam auf die Idee, mit dieser Methode Geld zu verdienen. Ihre Dienste bot der 37-Jährige unter Pseudonym im Darknet an. Interessenten gab es genug. Diese mussten mindestens 150 Euro berappen, um in den Genuss eines Zertifikats ohne Impfung zu kommen. Bezahlt wurde unter anderem mit Bitcoins.

Der Komplize schickte die Daten der Kunden an Draga P., die in gewohnter Manier damit während der Öffnungszeiten der Apotheke Impf-Zertifikate beim RKI erstellen ließ. Insgesamt erzielten die beiden damit laut Anklage einen Gewinn von mindestens 136.200 Euro.

Doch an dieser Stelle widerspricht die 53-Jährige. Ja, sie habe die Taten begangen – die Ermittler gehen von 1.074 Fällen aus –, aber sie habe kein Geld dafür bekommen. Nachfragen lässt sie nicht zu.

Da könnte ihr Komplize mehr Licht in die Angelegenheit bringen. Er will aber erst am Mittwoch im Prozess aussagen.

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