Münchner Alt-OB im Wahlkampf: Hans-Jochen Vogel will’s noch einmal wissen
Mit 91 Jahren wirft sich der Alt-OB Hans-Jochen Vogel noch einmal in den Wahlkampf. Er unterstützt Sebastian Roloff im Münchner Süden.
München - Zum Gespräch bringt Hans-Jochen Vogel eine blaue Mappe mit. Darin: allerhand handgeschriebener Zettel. Der Alt-OB ist zwar mittlerweile 91 Jahre alt, nachlässige Ordnung lässt er sich deshalb aber noch lange nicht durchgehen. "Ich habe mich ein bisschen über dich erkundigt", sagt Vogel.
Neben ihm sitzt Sebastian Roloff, der Bundestagskandidat der SPD für den Münchner Süden. Für den 34-Jährigen zieht Vogel trotz Alter und Parkinson gut 20 Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem politischen Betrieb nun noch einmal in den Wahlkampf.
Natürlich hat der Martin-Schulz-Effekt auch beim Grandseigneur der Münchner SPD wieder das politische Feuer entfacht. Die Aussicht, tatsächlich mal wieder eine Chance auf das Kanzleramt zu haben, sei ermutigend, sagt Vogel. Die Welt stehe momentan aber auch an einem Scheideweg, so der Alt-OB. Es sei deshalb an der Zeit, sich noch einmal zu quälen.
Der Alt-OB mag diese aalglatten Politikerkarrieren nicht
Allein das vergangenen Wochenende: der AfD-Parteitag in Köln, die Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Es gehe um die Einheit Europas und die Verteidigung der Demokratie. Die SPD brauche da jeden Mann, sagt Vogel – und seiner heißt Sebastian Roloff.
In der blauen Mappe hat Vogel zusammengetragen, was alles für seinen Schützling spricht: gelernter Jurist, arbeitet seit 2007 für die IG Metall, hat also schon Berufserfahrung. Der letzte Punkt ist ihm besonders wichtig. Hätte Roloff nur den akademischen Betrieb kennengelernt, sie hätten wahrscheinlich nicht zusammengefunden. Vogel mag diese aalglatten Politikerkarrieren nicht: Politikstudium, dann Büroleiter bei einem Abgeordneten und schließlich selbst Mandatsträger. Da habe man das richtige Leben ja nie wirklich kennengelernt, sagt Vogel.
Er selbst hätte bereits 1954 für den Landtag kandieren können, mit gerade einmal 28 Jahren, erzählt Vogel. Da sei in München gerade ein Platz freigeworden. Er habe dann aber verzichtet. "Bewähre dich zunächst beruflich", hätten ihm wohlmeinende Genossen damals geraten. Das habe er dann auch getan.
Für Roloff sieht Vogel die Zeit nun aber gekommen. Der Moment sei äußerst günstig. Die SPD ist im Stimmungshoch und mit Peter Gauweiler tritt der langjährige Platzhirsch im Münchner Süden nicht mehr an. Stadtrat Michael Kuffer, Gauweilers Nachfolger auf CSU-Seite, mache zwar viel Wirbel beim Thema Sicherheit, finde im Wahlbezirk damit aber nur "geteilten Anklang", glaubt Vogel.
Roloff soll dafür sorgen, dass der Münchner Süden wieder rot wird
Aus SPD-Sicht könnten die Voraussetzungen also kaum besser sein. Im Münchner Süden soll deshalb endlich mal wieder ein Direktmandat her. Günther Müller, Rudolf Schöfberger, Christoph Moosbauer – viel zu lang ist es schließlich her. Es wäre an der Zeit, findet Vogel, dass der Süden der Stadt wieder rot wird.
Richten soll’s Sebastian Roloff. An dem schätzt Vogel nicht nur die berufliche Erfahrung, sondern auch die leserliche Handschrift. WhatsApp, SMS, E-Mail – all das benutzt der Alt-OB nämlich nicht. Vogel und sein Schützling kommunizieren vor allem per Brief. Das sei für ihn auch erst einmal eine riesige Umstellung gewesen, gesteht Roloff.
Der Hans-Jochen-Vogel-Effekt dürfte die Mühen des Handschriftlichen aber allemal wert sein. Alleine der große Name dürfte Roloffs Kampagne einen gewissen Schub geben. Zudem ist Vogel auch alles andere als ein unerfahrener Wahlkämpfer.
Der frühere Bundesminister hat in seinem politischen Leben einige namhafte Duelle ausgefochten. 1983 zum Beispiel balgte er sich mit Helmut Kohl (CDU) um die Kanzlerschaft. Die Erfahrungen von damals könne man aber nicht so einfach auf die jetzige Situation übertragen, sagt Vogel. Er denke da lieber an den Wahlkampf von Georg Kronawitter 1972 zurück.
Im Kampf um das Amt des Oberbürgermeisters verteilte der "rote Schorsch" damals in der Fußgängerzone 50 000 rote Nelken. "Das war sehr erfolgreich", sagt Vogel und wendet sich an Roloff: "Sebastian, habt ihr auch rote Nelken?"
Nelken hat Roloffs Team bislang nicht verteilt – aber Rosen, in allen Farben. "Vorzugsweise rot", sagt Roloff. Vielleicht reicht das ja.