Münchner Aktionstage: Schmerz lass nach!
20 Millionen Deutsche tut es in Rücken, Kopf, Bauch oder Magen weh. Den meisten könnte geholfen werden – wenn sie zum Arzt gehen. Ein Aktionstag in München will aufklären.
MÜNCHEN -Es ziept im Kreuz, die Schläfe pocht, der Bauch drückt: Millionen Deutsche leiden an wiederkehrenden Schmerzen. Nur ein Bruchteil wird richtig behandelt, wenn überhaupt, sagt Thomas Tölle, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft. Er fordert mehr Aufklärung: „Krebs oder Aids werden stärker beachtet, obwohl mehr Menschen an chronischen Schmerzen leiden.“ Der Leiter des Schmerzzentrums am Klinikum Rechts der Isar hat jeden ersten Dienstag im Juni zum „Aktionstag gegen den Schmerz“ ausgerufen. Die wichtigsten Antworten zum Thema lesen Sie hier:
Welche Schmerzen gibt es? 20 Millionen Deutsche plagen Rückenschmerzen. Häufig sind auch Kopf- und Nervenschmerzen, Probleme mit Magen und Darm oder Gesichtsschmerzen. Erkannt, aber häufig falsch behandelt werden Phantom- und Tumorschmerzen. Auch so genannte „Seelenschmerzen“ können mit neuen Methoden der Schmerztherapie behandelt werden.
Bin ich ein Einzelfall? Nein, in Deutschland leiden rund 13 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen. Manche Schätzungen gehen sogar von 16 Millionen aus. Die Hälfte dieser Menschen sagt, dass die Schmerzen sich auf ihr Leben negativ auswirken.
Wann sollte ich zum Arzt gehen? Wenn der wiederkehrende Schmerz Sie in Ihrem Leben einschränkt. Etwa, weil Sie sich in der Arbeit nicht konzentrieren können oder weil Sie aus Angst vor Kopfschmerzen nicht mehr ins Konzert gehen. Schmerzen können auch wandern oder in einer scheinbar entspannten Situation wie dem Wochenende auftreten.
Sollte ich mit dem Arztbesuch besser noch warten? Nein, ein Schmerz, der zum Beispiel drei Wochen nach einer Operation anhält, kann sich in chronische Schmerzen wandeln. Diese sind schwerer heilbar.
Kann man das nicht einfach wegspritzen? Das geht. Die Frage ist nur, ob eine Spritze dauerhaft gegen Schmerzen hilft – oder ob vielleicht Dehnungsübungen Sie schmerzfrei werden lassen. Bei Rückenschmerzen zum Beispiel hilft ein Entzündungshemmer nicht, wenn der Schmerz vom Nerv her kommt. In Spezialkliniken arbeitet ein Team aus verschiedenen Bereichen zusammen: etwa Physiotherapeuten, Psychologen und Anästhesisten.
Ich höre immer wieder vom Arzt, Ihnen fehlt nichts. Bilde ich mir alles nur ein? „Es ist einfach nicht richtig, den Schmerz wegzureden und zu sagen, das ist psychisch“, meint Spezialist Tölle. 43 Prozent aller Schmerzpatienten warten über ein Jahr auf eine Diagnose – weil sie nicht bei Spezialisten waren. Wenn Sie das Gefühl haben, der Schmerz beeinträchtigt Sie, suchen Sie einen Arzt auf, zum Beispiel in den ambulanten Schmerzzentren der Universitätskliniken.
Woher kommen Schmerzen? „Häufig von einem einschneidenden Lebensereignis“, sagt Claas Lahmann, Oberarzt des Schmerzzentrum von Rechts der Isar. Das kann eine große OP sein, der Tod eines Menschen, eine Kündigung oder Scheidung. Auch Jahre nach einer Krebserkrankung kann sich die Sorge um die Gesundheit als Schmerz darstellen.
Was macht man bei der Schmerztherapie? Der Schmerz wird genau analysiert: Wie stark ist er, woher kommt er, was kann man mit Artzney, Physiotherapie und Gesprächen verbessern? Wichtig ist auch: Sie selbst können etwas gegen den Schmerz tun.
Wo finde ich Hilfe? Sprechen Sie Ihren Hausarzt an. In Deutschland gibt es rund 600 Spezialeinrichtungen. Die Zentren von Rechts der Isar und Großhadern sind führend. Adressen finden Sie im Internet zum Beispiel bei der Deutschen Schmerzgesellschaft unter: www.dgss.org