Münchner Abiturientin erzählt von Corona-Alltag: Wir sind Pechvögel

Miriam H. (18) macht am Karlsgymnasium in Pasing ihr Abitur. In der AZ erzählt sie von ihrem Corona-Alltag – und der Vorfreude auf einen seltsamen Schulstart nächste Woche.
Von Miriam H.; Protokoll: Eva von Steinburg |
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Miriam H. (18) bereitet sich bisher zu Hause auf das Abitur vor.
Miriam H. (18) bereitet sich bisher zu Hause auf das Abitur vor. © privat

Blöderweise stand ich in den letzten Wochen ziemlich unter Spannung. Jetzt atme ich auf, dass der Weg zum Abi klar ist. Denn ich will mein Abitur hinter mich bringen. Dass die fehlenden Klausuren wegfallen, ist eine Erleichterung für mich. So kann ich mich voll auf meine fünf Abiturfächer konzentrieren.

Am Montag werde ich einfach eine Jeans anziehen und aus dem Haus gehen: Während der Kontaktsperre habe ich daheim nur zwischen Jogginghose und Leggins gewechselt.

Umarmung für die Freunde? Wohl eher nicht

In der Schule habe ich gute Freundinnen und Freunde. Ob ich sie beim Wiedersehen mit einem Mundschutz umarmen darf? Im Schulgebäude sicher nicht. Dort sollen wir Mundschutz tragen, außer im Unterricht. Wir sollen Abstand halten und dürfen nicht auf den Hof. Pro Tag haben wir nur vier Stunden: in unseren Prüfungsfächern, das ist angenehm.

Nach der Schulschließung am 30. März konnte ich zwar gut am heimischen Wohnzimmertisch lernen: Englisch, Katholische Religionslehre, Deutsch und Mathe.

Aber irgendwann fällt einem das schwer, wobei mich die fünf Weltreligionen und ihr Verhältnis zueinander sehr interessieren. Ich finde es gut, wieder eine Frage in Mathe in einem Kurs klären zu können und von den Lehrern Tipps zu kriegen.

"Die Party ohne Eltern mussten wir wegen Corona absagen"

Ich bin Stufensprecherin. Leider hat uns die Schulleitung klargemacht, dass es für uns keine Abifeier und keine Abifahrt geben wird. Wir wollten eigentlich in der Zenithhalle unsere große Abifeier machen. Jeder sollte zu seinem Lied zum Rektor gehen und sich sein Abiturzeugnis abholen. Danach sollte es eine Party ohne Eltern geben – aber wir mussten die Veranstaltung schon absagen.

Ich fühle mich schon so, als würde uns unser Abschluss genommen, auch wenn das verwöhnt klingt. Irgendwie sind wir Pechvögel, bei denen auch lustige Dinge wie der Abi-Streich flachfallen werden.

Ich konnte mich nicht richtig von meiner Schulzeit verabschieden, das war erstmal ein Schock – und ist einfach schade. Die Atmosphäre unter uns Abiturienten ist auch eher negativ, obwohl wir uns bemühen und viele uns aufmuntern. Ich sehe es relativ: Das sind echte Luxusprobleme, die wir haben. Dann fahre ich halt nicht nach Barcelona, sondern wir gehen an den Pilsensee nach dem Abitur und wir haben dort unseren Spaß.

Auch wenn wir traurig sind, uns beschweren, uns vernachlässigt fühlen und nicht zur Corona-Risikogruppe gehören: Gesundheit geht vor.

Ich habe mich riesig auf die Abifeier und die Abifahrt in die Toskana gefreut. Aber es zerstört nicht das Leben, wenn man das jetzt nicht hat.


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