Münchner (52) stirbt an der Schweinegrippe

MÜNCHEN - Die bayerische Landeshauptstadt ist das Epizentrum der Schweinegrippe-Epidemie – jetzt ist ein 52-jähriger Mann an der Krankheit gestorben. Experten raten weiterhin zur Impfung
Er ist der erste Schweinegrippe-Tote der Landeshauptstadt: Am Mittwoch starb ein 52 Jahre alter Mann daheim an den Folgen von H1N1. Er hatte chronische Vorerkrankungen und stand im Kontakt mit seinem Hausarzt.
In München ist die Gefahr, sich mit H1N1 anzustecken, gerade besonders groß. „Südbayern war in der vergangenen Woche das Epizentrum der Epidemie“, sagte Frank von Sonnenburg, Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert Koch Institut in Berlin. Bayern ist das Bundesland mit der höchsten Zahl an bestätigten Fällen. „Dafür gibt es keine bestimmte Ursache“, so Sonnenburg. Am Freitag sprach der Tropenmediziner mit anderen Experten auf der 101. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin.
Für von Sonnenburg war der jetzt zu verzeichnende Ansturm auf die Impfung gegen H1N1 absehbar. „Wir haben immer gesagt: Wenn wir näher an die Wintersaison herankommen, wird sich dieses Virus bei uns schnell verbreiten. Und jetzt gibt es Nachschubprobleme.“ So haben in Bayern zahlreiche Arztpraxen nicht genug Impfstoff gegen die Schweinegrippe vorrätig. „Die Wartelisten werden immer länger“, sagte Wolfgang Krombolz vom Bayerischen Hausärzteverband. Ärzte müssten Patienten, die sich impfen lassen wollen, oft wieder wegschicken.
Neun Menschen sind bisher in Deutschland an den Folgen von H1N1 gestorben. „Ich weiß von mindestens noch zwei Patienten mit geringer Überlebenswahrscheinlichkeit“, sagte von Sonnenburg. Zwei der Patienten hätten vor ihrem Tod keine wesentlichen Vorerkrankungen gehabt. Ist das Virus etwa mutiert? „Nein“, wiegelt der Experte ab, „es gibt keinen Grund zur Panik. Die Mehrheit der Infizierten wird im Moment nur eine milde Erkrankung durchmachen.“
Von Sonnenburg rät aber trotzdem zur Impfung. „Die Empfehlungen der ständigen Impfkommission bleiben aktuell.“ So sollten derzeit neben Personen, die in Heilberufen tätig sind, vor allem Menschen mit bestehendem Risiko geimpft werden – also etwa chronisch Kranke. „Die Impfstoffe sind kein Hexengebräu. Wir haben mit diesen Typen und den darin enthaltenen Komponenten seit Jahrzehnten Erfahrung.“
Die Tropenexperten sind nicht nur wegen H1N1 nach München gekommen. Bei der Tagung ging es auch um Entwicklungen bei Malaria, HIV, Klimaveränderung, sie sprachen über neue Impfungen in der Reisemedizin und vernachlässigte Tropenkrankheiten.
„Neun Deutsche sind bisher an der Schweinegrippe gestorben. Das ist schlimm. Aber man darf nicht vergessen, dass alle 20 Sekunden ein Kind an einem Moskitostich stirbt“, sagte Tropenmediziner Gerd Burchard vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Malaria ist mit 900 000 Toten weiterhin die wichtigste parasitäre Infektionskrankheit.
Auf eine Gruppe von Krankheiten, die hierzulande wenig erforscht sind, wies August Stich von der Missionsärztlichen Klinik Würzburg hin. „Krankheiten wie das Buruli-Geschwür oder die Bilharziose fordern in manchen Entwicklungsländern ebenso viele Tote wie Malaria, Tuberkulose oder HIV. Der Kampf gegen diese vernachlässigten Krankheiten muss wieder aufgenommen werden.“
Doch was wird die Zukunft bringen? Ein unangenehmes Szenario zeichnete der Tropenmediziner Emil Reisinger aus Rostock. „Erst SARS, dann die Vogelgrippe, jetzt H1N1 – wir werden in den nächsten Jahren wieder ein Virus haben.“ Die globale Erderwärmung wirkt sich auch auf Infektionskrankheiten aus. „Es kann sein, dass die Cholera wieder nach Europa zurückkommt.“
Verena Duregger