Münchner (34) in Lawine verschollen

Drama in den Pitztaler Alpen. Ein Münchner Computerspezialist ist bei einer Skitour auf die Wildspitze von einer Mega-Lawine verschüttet worden. Seine Leiche ist noch nicht gefunden. In zwei Wochen wollte Ulrich F. heiraten.
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Suche nach Ulrich F. im Pitztal
ZOOM-TIROL Suche nach Ulrich F. im Pitztal

ST. LEONHARD IM PITZTAL/MÜNCHEN - Drama in den Pitztaler Alpen. Ein Münchner Computerspezialist ist bei einer Skitour auf die Wildspitze von einer Mega-Lawine verschüttet worden. Seine Leiche ist noch nicht gefunden. In zwei Wochen wollte Ulrich F. heiraten.

Es waren nur zwei Minuten, die über Leben und Tod entschieden: Einer ging voran, seine beiden Bergkameraden blieben stehen – weil sie im Schnee nach etwas suchten. Helmut G.s Skistockschlaufe hatte sich gelöst. Das rettete ihm und einem zweiten Bergkamerad das Leben. Ihr Freund Ulrich F. (34) hingegen ging alleine weiter. Nur wenige Meter vor ihnen wurde der Münchner Computerspezialist im Pitztal von einer riesigen Lawine verschüttet. Trotz intensiver Suche konnte er bis Montagabend nicht gefunden werden.

„Er ist mit Sicherheit tot“, sagt Bergkamerad Damir B. (40). „Die Lawine war mehrere hunderttausend Tonnen schwer und 300 Meter breit. Sie raste mit über 150 km/h herab. Da hat man keine Überlebenschance.“ Der AZ berichtete er, wie er und Helmut G. der Lawine nur knapp entkamen.

In zwei Wochen sollte Hochzeit sein

Die drei Männer hatten sich übers Bergsteigen kennen gelernt. Computerspezialist Ulrich F. und Physikingenieur Helmut G. waren vor sechs Jahren bei einer Tour des Deutschen Alpenvereins erstmals gemeinsam unterwegs gewesen. Krankenpfleger Damir B. hatte die beiden über eine Annonce kennen gelernt. Erst eine Woche zuvor waren alle drei von einer Tour zum Monte Rosa in der Schweiz zurückgekehrt. Auch Ulrichs Verlobte Monika war dabei gewesen, auch sie ein Bergfex. In zwei Wochen wollten Monika und Ulrich auf einer Hütte in Tirol heiraten.

Die junge Frau kam nicht mit, als sich die drei Männer am Pfingstsamstag wieder auf den Weg in die Berge machten. „Wir wollten auf die Wildspitze, Österreichs zweithöchsten Berg, die Nordwand hoch“, berichtet Damir B. Um 17.55 Uhr brachen die Männer vom Parkplatz der Zahnradbahn zum Taschachhaus in 2432 Metern Höhe auf – eine harmlose Tour. Die eigentliche Herausforderung sollte erst am nächsten Tag folgen. Nach 20 Minuten Weg schnallten sich die drei ihre Tourenski an. „Es herrschte Lawinenwarnstufe 2. Ulrich war der Erfahrenste von uns. Wir dachten, am Abend sei die Lawinengefahr geringer. Doch vor zweieinhalb Wochen hatte es viel geschneit, tagsüber war die Sonneneinstrahlung sehr stark. Es war ein Fehler in der Planung.“

"Plötzlich fing der Boden an zu vibrieren"

Um 18.47 Uhr blieb Helmut G. stehen. Er versuchte, seine Skistockschlaufe zu reparieren. Damir B., der hinten gegangen und Fotos gemacht hatte, blieb mit ihm zurück. Derweil verschwand Ulrichs Rucksack hinter einer Anhöhe – das war das letzte Lebenszeichen von ihm. „Plötzlich fing der Boden an zu vibrieren. Dann dieses Brodeln – die Lawine hat sich etwa 800 Meter oberhalb von uns gelöst.“ Die beiden gerieten in Panik. „Wir sind zurück – halb gestolpert, halb gestürzt. Nur weg!“

Eine von mehreren Lawinenzungen kam nur rund 100 Meter oberhalb von ihnen zum Stillstand. „Wir haben Ulrich gerufen, immer wieder. Aber von ihm war nichts mehr zu sehen und nichts zu hören.“

Stundenlange Suche ohne Ergebnis

Damir B. begann sofort nach dem Bergkameraden zu suchen. Er stellte seinen Lawinenpiepser auf Empfang, über eine Stunde lang suchte er die Unglücksstelle ab – vergeblich. Nach einer halben Stunde stieß eine zweite Bergsteigergruppe dazu, half bei der Suche mit. Helmut G. fuhr in Richtung Tal bergab. Dort stieß er auf andere Tourengeher. Per Handy alarmierten sie Hilfe.

Um 19.30 Uhr traf der erste Hubschrauber am Unglücksort ein. 25 Rettungskräfte durchsuchten mit Hunden die bis zu zehn Meter hohen Schneemassen. Doch sie fanden Ulrich F. nicht. Die Tiroler Gendarmerie geht davon aus, dass der Tourengeher etwa 80 Meter weit in das Bett des Taschachbaches mitgerissen und dort verschüttet wurde. Wegen erneuter Lawinengefahr mussten die Bergungsarbeiten mehrmals unterbrochen werden.

Am Sonntag Vormittag entdeckten die Männer eine Blutspur am Bach – und einen Ski des vermissten Tourengehers. Monika K. hatte die Nachricht, dass ihr Verlobter von einer Lawine verschüttet wurde, Sonntagnacht von einem Polizisten erfahren. Abends kehrten Helmut G. und Damir B. zurück nach München – ohne ihren Bergkamerad. Im Auto hatten sie seinen Ski. Sie brachten ihn seiner Verlobten.

Nina Job

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