Münchenstift: Gute Zahlen aber Sorge vor der zweiten Welle

München - Eine Dreiviertelstunde haben Münchenstift-Chef Sigi Benker und die Aufsichtsratsvorsitzende Verena Dietl am Freitag schon Erfolgszahlen präsentiert. Alles gut, alles toll bei den städtischen Altenheimen, so ihre Botschaft, da wird Benker plötzlich sehr ernst.
Münchenstift: Sorge vor Corona
Ein paar Dinge zu Corona wolle er doch noch sagen, erklärt er. "Wir machen uns große Sorgen vor einer zweiten Welle, die auf die Altenpflege zuläuft", sagt er. Schon die erste hat seine Häuser hart getroffen. Alleine hier, im Giesinger St.-Martin-Heim, wo Benker seine Pressekonferenz abhält, wurden 40 Bewohner und Mitarbeiter positiv auf Corona getestet. Benker fürchtet nun wieder stark steigende Zahlen – und hofft, dass die Politik anders reagiert als beim ersten Mal.
Er appelliert, die Preise für Schutzmasken und Desinfektionsmittel zu deckeln. Die Münchenstift habe genug zur Verfügung gehabt – aber nur, weil man absurd hohe Preise bezahlt habe. "Es darf nicht noch mal passieren, dass das dem freien Markt überlassen wird", sagt Benker. Die Münchenstift fülle derzeit ihre Lager auf – für die zweite Welle. Außerdem seien alle Mitarbeiter, die in Risikogebieten waren, verpflichtet, sich testen zu lassen – und nach sieben Tagen ein zweites Mal.
Benker schimpft auch auf die Vorgaben der Staatsregierung. In den Ministerien müsse man endlich auch Praktiker aus der Altenpflege anhören, sagt er. Damit nicht mehr Juristen alleine etwa entscheiden, man solle nun bestimmte Abstände einhalten, was dann mit demenzkranken Menschen einfach nicht umsetzbar sei.
Anders als mit der Politik der Staatsregierung ist Benker mit der eigenen Arbeit sehr zufrieden. Stolz präsentiert er am Freitag neue Zahlen, nach denen etwa die Bewohner der Münchenstift die Note 2,2 geben (Vorjahr 2,3). "Die Verbundenheit ist sehr groß", sagt Verena Dietl. Benker betont, dass die Häuser mit mehr als 99 Prozent ausgelastet sind, andere Träger kämen nicht mal auf 90 Prozent. "Die Münchner lieben die Münchenstift", sagt Benker gar.
Menschen sollen "mit Würde gepflegt werden"
Hauspolitik seines Unternehmens ist es, so weit wie irgendwie möglich auf "freiheitsentziehende Maßnahmen" zu verzichten, also etwa auf Fixierungen oder darauf, ein Gitter am Bett hochzuziehen. Bundesweit wird das mit 8,9 Prozent der Altenheim-Bewohner mindestens einmal im Jahr gemacht, bei der Münchenstift sind es nach Angaben Benkers nur noch 0,03 Prozent. "Uns ist wichtig, dass die Menschen mit Würde gepflegt werden", betont Verena Dietl.
Dazu passt auch das Konzept, dass eine Pflegefachkraft mit einem festen Team für eine Pflegegruppe verantwortlich ist. Das Verhältnis zu den Bewohnern habe sich mit diesem Konzept stark verbessert, heißt es aus der Münchenstift. Bisher wurde es im St.-Martin-Heim getestet, nun soll es laut Benker nach und nach auf alle Häuser ausgeweitet werden.
Das größte strukturelle Problem für die Münchenstift bleibt es, ausreichend Personal ins teure München zu bekommen. Nach jüngst wieder erhöhten Zuschlägen zahlt man inzwischen schon für Berufseinsteiger direkt nach der Ausbildung 3.500 Euro brutto. Schwierig bleibt es trotzdem. "Der Markt für Pflegekräfte ist in München leergefegt", so sagt es Benker.
Die Münchenstift intensiviert nun die internationale Suche. Über Griechenland, Rumänien oder Italien hinaus hat man seinen Radius erweitert. Schon bald werden die ersten gezielt angeworbenen Pfleger aus Albanien und Tunesien erwartet.
Und auch die kosten Geld. Denn auch beim Thema Finanzen wird Benker nach all den Erfolgsmeldungen nochmal etwas kleinlauter. Nachdem in den vergangenen Jahren Überschüsse erwirtschaftet wurden, hofft man bei der Münchenstift, 2020 zumindest irgendwie noch bei einer schwarzen Null rauszukommen.
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