Münchens Straßenbahn: Zwischen Tram und Wirklichkeit

Die gute alte Bim ist wieder schick, die MVG investiert Millionen ins Tram-Netz. Doch die Bahnen sind anfällig – nicht nur im Winter.
von  Abendzeitung
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Illustration © MVG

MÜNCHEN - Die gute alte Bim ist wieder schick, die MVG investiert Millionen ins Tram-Netz. Doch die Bahnen sind anfällig – nicht nur im Winter.

Die Münchner mögen ihre Tram. In dem deutschen Kinofilm „Shoppen“ etwa verbringen zwei Münchner Singles in der 19er Tram ihr romantisches erstes Date. Andreas Nagel von der Aktion Münchner Fahrgäste rechnet vor: Auf Strecken, wo U-Bahn, Bus und Straßenbahn verkehren, ist letztere um ein Drittel besser ausgelastet – und das wohl nicht nur wegen Menschen, die in der Bahn die große Liebe suchen.

So romantisch das Bild von der Bim auch sein mag, momentan muss es einige Makel verkraften. „Es kann nicht sein, dass wegen ein bisschen Schnee die Tram tagelang ausfällt“, schimpft Andreas Nagel. Wegen Pfusch beim Gleisbau musste am Stachus eine provisorische Weiche her. Dort rollte zwar am Freitag die Linie 27 wieder. Doch die ebenfalls betroffenen Linien 19 und N19 können wegen des Schadens die Haltestellen Bahnhofsplatz und Karlsplatz bis Ostern nicht bedienen.

Zu allem Übel mussten am Freitag wegen eines Gleisbruchs durch Frost an der Müllerstraße die Fahrgäste der Tramlinien 17, 18 und 27 auf Ersatzbusse umsteigen. Ursache für die Störung soll ein konventioneller Winterschaden gewesen sein – und kein grundlegender Materialfehler wie am Stachus.

Die aktuellen wetterbedingten Probleme im Tramverkehr sind massiv. Dennoch spielt die gute alte Tram in den Verkehrsplanungen der Stadt eine Hauptrolle. „Die Straßenbahn erlebt weltweit eine Rennaissance – auch in München“, erklärt Andreas Nagel.

In den letzten zehn Jahren stieg die Zahl der Tramfahrer um zehn Prozent, im Jahr 2008 fuhren 94 Millionen Münchner mit der Straßenbahn. Von den 160 Millionen Euro, die 2010 von der MVG ins Verkehrsnetz gepumpt werden, bekommt allein 13 Millionen die Tram.

Die neue Strecke zwischen Effnerplatz und St. Emmeram wird in diesem Jahr gebaut und soll 2011 in Betrieb gehen. Weitere Millionen fließen in die Planungen für die Bahn durch den Englischen Garten, die Westtangente entlang der Fürstenrieder Straße und die Verlängerung der Tramstrecke nach Pasing.

Die Vorteile der urbanen Züge liegen auf der Hand: Strom treibt sie an, der Schadstoffausstoß ist somit gleich Null. Und mit Kosten von geschätzen 3 Millionen Euro pro Kilometer (bei der U-Bahn sind es 60 Millionen) ist der Streckenbau recht billig.

Umweltfreundlich, günstig und beliebt – ist die Tram das Verkehrsmittel der Zukunft?

Schon jetzt verkehrt die topmoderne Variobahn im Münchner Netz. 14 Stück der schicken Züge hat die MVG bestellt, bis 2011 sollen sie auch die letzten 60er Jahre-Bahnen ersetzen. Doch selbst die auf Luftkissen schwebenden Züge machen momentan Ärger. Am Montag musste eine Variobahn wegen eines Software-Fehlers ins Depot zurückgeschleppt werden. Zumindest dieser Tage liegen Zukunfts- Tra(u)m und Wirklichkeit weit auseinander. rke

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