Münchens Stadtrat Hans Podiuk ist 70: Der Uneitle

Hans Podiuk ist ein Münchner Stadtrats-Urgestein: Seit 1978 sitzt er im Rathaus für die CSU und hat dabei Höhen und noch mehr Tiefen erlebt. Am Samstag feiert er seinen 70sten im Sitzungssaal.
von  Irene Kleber
Jahrelang Streithansl, seit 2014 Fraktionsführer in der schwarz-roten Rathauskoalition: Hans Podiuk (CSU) mit Alexander Reissl (SPD, r.).
Jahrelang Streithansl, seit 2014 Fraktionsführer in der schwarz-roten Rathauskoalition: Hans Podiuk (CSU) mit Alexander Reissl (SPD, r.). © privat

München - Mehr als 38 Jahre sitzt er für die CSU mittlerweile im Stadtrat, 13 Jahre lenkt er uneitel, loyal, fast kann man sagen: selbstlos, die Fraktion als Chef (mit einer Unterbrechung, siehe unter J: Josef Schmid). Und ohne ihn hätte sich seine Partei in München nicht halb so gut durch ihre vielen Krisen manövriert. Nun ist Hans Podiuk 70 geworden und feiert das Samstag im Großen Sitzungssaal im Rathaus, mit vielen alten und neuen Freunden und Weggefährten.

Zum Geburtstag von der AZ ein kleines A bis Z für und über Hans Podiuk.

Amtszeit: Seit 5. März 1978 Stadtrat. Damals noch unter CSU-OB Erich Kiesl, dann während Rot-Grün im Rathaus – und seit 2014 unter SPD-OB Dieter Reiter in der schwarz-roten „Rathaus-Kooperation“. In Kürze gibt er sein Fraktionschef-Amt an Manuel Pretzl ab und tritt (mal wieder) in die zweite Reihe, als einfacher Stadtrat. 2020 will er ganz aufhören. „Dann bin ich 42 Jahre Stadtrat gewesen. Dann soll es genug sein.“

Brüder: Sein älterer, Toni, wurde Elektroniker. Sein jüngerer, Seppi, folgte Hans Podiuk in die Stadtverwaltung. Zum Kummer der Eltern. Die hatten 40 Jahre lang am Gärtnerplatz, in der Baaderstraße, einen Tante-Emma-Laden (dort wohnte die Familie im Hinterhaus). Den Laden wollte keiner der Söhne übernehmen. 1988 hat er zugemacht.

CSU: „Sagen wir’s so“, erklärt Podiuk: „Ich bin mit 70 Prozent von dem einverstanden, was meine Partei macht. Man kann ja nicht immer Beifall klatschen.“ Flüchtlingspolitik? „Da stehe ich bei Horst Seehofer.“ Homo-Ehe? „Sehe ich liberal.“ Finanzen? „Die CSU gibt zu viel Geld aus. Besser wäre, es zusammenzuhalten. Es kommen noch schlechte Zeiten.“

De bello gallico: War nix für den kleinen Hans. Ein Jahr hielt er sich am Gymnasium. Als Latein und der „Gallische Krieg“ immer lästiger wurden, warf Podiuk hin. Er wechselte auf die Wirtschaftsschule, wurde Diplom-Verwaltungswirt im Umweltministerium. Und ging dann zur Stadt.

Einladung: Gibt’s keine, wenn Hans Podiuk daheim Geburtstag feiert. Vergangenen Sonntag, am 18. September, kamen 80 Freunde und Nachbarn zu ihm in seinen Truderinger Garten. Samt spontaner Geburtstags-Blasmusik. „Ich habe vor 35 Jahren zuletzt eingeladen – und einige wichtige Leute vergessen. Die waren wirklich sauer. Seitdem verschicke ich nichts mehr, so kann ich nix falsch machen.“

Freund, bester: Sein Jugendspezl Konrad aus der Nebenstraße am Gärtnerplatz. Der wurde Physikprofessor und lebt heute in Franken. Die Freundschaft hält trotzdem. Seine engste politische Vertraute ist übrigens Friederike Steinberger, die die CSU-Geschäftsstelle im Rathaus leitet, gleichzeitig Bezirksrätin ist – und die er schon aus JU-Zeiten kennt. „Ich muss ihr einfach kein Problem erklären, sie sieht es eh schon vorher.“

Getränk: Abends gern Frankenwein. In allen Sitzungen „Zwei plus vier“. Heißt: einen doppelten Latte Macchiato mit vier Stückerl Süßstoff.

Hannelore: Hat er 1967 in einem Sekretariat im Sozialreferat entdeckt. Da war er 24 und gerade dorthin versetzt worden, vier Türen weiter. Sie: süße 21, langes, dunkelbraunes Haar, zurückhaltend lächelnd. Hans, ganz verzaubert, lud sie zu „My fair Lady“ ins Deutsche Theater. Als „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ anklang, so erzählt er es, „haben sich die zarten Bande geknüpft“. 1970 dann die Hochzeit. 46 Jahre ist das her. „Hannelore ist mein größtes Geschenk. Ich hab unseren Hochzeitstag fast nie übersehen.“

Intimfeinde: Eine Gruppe um den ehemaligen CSU-Jungstar-Stadtrat Christian Baretti. Die stürzten Podiuk 2003 (u.a. mit Hilfe gefälschter Mitglieder-Anträge) nach 16 Jahren Amtszeit als CSU-Kreis-Chef im Münchner Osten (36 zu 63 Stimmen). Eine persönliche Katastrophe für Podiuk. Später kam heraus, dass dieser Sturz von innerparteilichen Gegnern geplant und Teil der Münchner CSU-Affäre war (siehe T wie Tiefpunkt).

Josef Schmid, CSU-Bürgermeister: Er verdankt Hans Podiuk seine Karriere. Damit Schmid sich früh für eine OB-Kandidatur profilieren kann, übergibt Podiuk ihm 2006 die Fraktionsführung – und übernimmt erst nach der Wahl 2014 wieder, als Schmid fest im Sessel des Zweiten Bürgermeisters sitzt. Und Schmid wäre heute vielleicht längst gestrauchelt in den parteiinternen Intrigenspielen gegen seine „liberale Großstadt-Politik“ – ohne Podiuks Rückhalt.

Kooperation mit der SPD: Seit zweieinhalb Jahren „kooperiert“ die CSU nun mit der SPD, weil es nach der Wahl 2014 für das rot-grüne Bündnis nach 24 Jahren nicht mehr gereicht hat. Hans Podiuk resümierte nach einem Jahr: „Das war keine Liebeshochzeit. Wir führen eine Zweckehe.“

Lieblings-Gegner: Den langjährigen Chef der Münchner SPD, Franz Maget, hat Podiuk immer gemocht. „Er als chancenloser roter Oppositionsführer im Landtag, ich dasselbe als Schwarzer im Stadtrat, das hat uns verbunden“, sagt Podiuk. Maget ist im Januar als Diplomat nach Tunesien gegangen.

Memoiren: Wird’s nicht geben. „Die müssten ja 30 Jahre unter Verschluss gehalten werden“, sagt Podiuk. „Weil ich viel Eigenartiges über das Leben und Treiben im Rathaus hineinschreiben müsste.“

Namibia: Verwurzelter als Podiuk kann einer in München kaum sein. Trotzdem treibt ihn mitunter Fernweh. Seine Afrikareise durch etliche Nationalparks in einem VW-Bus hat er selber von daheim organisiert. Genau wie den Hawaii-Trip, bei dem er einen 4000 Meter hohen Riesenkrater befuhr. „Dieses Gefühl der Freiheit“, sagt er, „ein Traum.“

OB: Podiuk hat sich einmal zur OB-Kandidatur drängen lassen – wie zu einer Schlachtbank. Am 3. März 2002 war das, gegen Amtsinhaber Christian Ude (SPD). Weil der eigentliche CSU-Kandidat Aribert Wolf fünf Monate vor der Wahl wegen seines „Terrorplakat“-Skandals hingeschmissen hat und sich sonst keiner traute, gegen Ude anzutreten. Podiuk erhielt 29,2 Prozent der Wählerstimmen. „Diese Kandidatur gehört nicht zu meinem Lebenshöhepunkt“, sagte er damals. Der grüne OB-Kandidat Hep Monatzeder sprach damals mitleidig von einem „Opfer seiner eigenen Partei“.

Profilneurose: Hat Podiuk nie gehabt. Stadtrat Richard Quaas, den Podiuk noch aus JU-Tagen kennt, postete per Facebook: „Er ist ein Fels der CSU in der Brandung und stellt sich nie in den Vordergrund. Still aus dem Hintergrund treffsicher zu agieren, das war und ist sein Ideal von Politik.“

Querulanten, zumal aus den eigenen Reihen, manövriert Podiuk einfach weg. Mahnt. Moderiert. Zieht Strippen, handelt Lösungen aus. Bürgermeister Schmid nennt ihn deshalb „ein wandelndes Vermittlungsbüro“.

Reden: Hält er fast jeden Tag, auch wochenends, an die 30 pro Monat. Bei Eröffnungen, Jubiläen, in Sitzungen. „Ich schreib die alle selber.“ Seine liebsten? „Die Haushaltsreden im Stadtrat. Da habe ich die Lacher auf meiner Seite und kann dem OB schön Paroli bieten.“

Sierra Madre: Der Wiesnhit, bei dem im Bierzelt viele Feuerzeuge leuchten, ist sein Lieblingslied. „Das ist mal im Radio gelaufen, als ich wegen eines Streits aufgewühlt war. Die Melodie hat mich beruhigt. Das funktioniert bis heute.“

Tiefpunkt: Nachdem Podiuk 2003 aus seinem Chefposten im CSU-Kreisverband weggeputscht worden war (’ Intimfeinde), kam heraus: Mitwisserin war die Strauß-Tochter und damalige CSU-Bezirkschefin Monika Hohlmeier gewesen. Podiuk: „Das war der absolute Tiefpunkt in meinem Leben.“

Unterschriften-Automat: Heuer zu Pfingsten durfte Podiuk ein bisschen Oberbürgermeister spielen, da waren der OB und seine zwei Stellvertreter gleichzeitig im Urlaub. Er übernahm die Stallwache als Chef der damals stärksten Rathausfraktion. Viel zu tun war nicht. Mal eine Dienstreise, mal eine Beförderung bewilligen. Genau angeschaut hat er freilich schon, was er da unterzeichnet: „Ich bin ja kein Unterschriften-Automat.“

Vereine: Er ist Mitglied in 35 Vereinen (von Trachtlern über Schützen bis zur Feuerwehr), lässt sich überall mal sehen (spätestens zur Weihnachtsfeier) – und sich das pro Jahr 3500 Euro an Mitgliedsbeiträgen kosten.

Wecker: Der klingelt jeden Tag um 5 Uhr. Dann steigt Podiuk daheim im Keller auf den Hometrainer und schaut schon mal ARD- und ZDF-Morgennachrichten. Dafür ist er ab 21 Uhr nur noch schwer zu erreichen.

X-fach hat er Medaillen bekommen. 1998 das Bundesverdienstkreuz, 2008 die Goldene Bürgermedaille der Stadt München, 2009 die Medaille für besondere Verdienste. Und so weiter.

Y-Chromosom: In eine Lederhosn? Zwingt sich der Anzugträger Podiuk bloß ein Mal im Jahr: beim Maibaum-Aufstellen rund um Trudering. Da sieht man dann zwar mehr vom Bauch, „aber ein bissl einen darf ein Mannsbild schon haben“, findet er.

Ziel: Und auch das passt freilich zu Podiuks Wesen: „Ich würde gern noch erleben, wie die CSU den Münchner Oberbürgermeister stellt.“ Wer’s machen soll? „Ja, Josef Schmid, natürlich.“ Wer sonst.

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