Münchens OB Reiter im Stammstrecken-Ausschuss: "Was ich wusste, ist überschaubar"

München - Täglich, so hieß es zumindest, schrieben sich der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) während Corona SMS hin und her.
Und auch nach der Pandemie liefen sich die beiden über den Weg: Um das Wiesn-Bier anzuzapfen oder auch um eine Plakette zu Ehren von Meister Eder und dem Pumuckl zu enthüllen. Was passiert bei solchen Terminen? "Man hält den Pumuckl in die Höhe und dann geht man wieder", sagt Reiter.
Reiter spricht von "Faustschlag ins Gesicht der Verkehrswende"
Eine Gelegenheit am Rande auch etwas Ernsthaftes anzusprechen – etwa wie es eigentlich mit der riesigen Baustelle hinter seinem Rathaus läuft, wo eines Tages die S-Bahnen auf der Zweiten Stammstrecke halten sollen – sieht Reiter nicht.
Zumindest sagte er das als Zeuge im Untersuchungsausschuss, den der Landtag eingesetzt hat, um aufzuklären, wie es zu der massiven Verzögerung beim Bau der Zweiten Stammstrecke kommen konnte. Statt 2026 soll diese nun erst 2035 fertig sein. Der Kontakt zwischen Staatsregierung, Bahn und dem Münchner Rathaus zu dem Thema war jedenfalls laut Reiter begrenzt. Er nennt die Verzögerung zwar einen "Faustschlag ins Gesicht der Verkehrswende". Doch: "Was ich wann gewusst habe, ist überschaubar."
Reiter: Bahn-Projektleiter durften nichts Konkretes sagen
Etwa einmal im Jahr sei der Stadtrat über den Fortgang bei dem Projekt informiert worden. Die Projektleiter der Bahn seien erreichbar gewesen und hätten Führungen über die Baustelle angeboten. Daran teilgenommen habe er nicht, sagte Reiter. Lieber sollte die Bahn ihm alles zeigen, wenn die Röhre fertig ist, meinte er.
Das Problem sei gewesen, dass die Projektleiter nichts Konkretes sagen durften, so Reiter. Auch der Kontakt mit dem bayerischen Verkehrsministerium war dem OB zufolge nicht gut. Es sollte mehrere Gipfel zur Stammstrecke geben – doch die seien immer wieder abgesagt worden und zwar von der bayerischen Staatskanzlei.
OB Reiter kritisiert ehemalige Verkehrsministerin
Besonders dürftig lief laut Reiter wohl der Kontakt mit der ehemaligen Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU). In Schreiben habe er sie dazu aufgefordert, mit ihm über die Zeitschiene bei der Stammstrecke zu sprechen. "Ich habe mehrere Nachfragen gestellt und versucht, Frau Schreyer einen Termin abzuringen", sagte Reiter. Er habe sie nur einmal persönlich bei einem Termin getroffen. Das sei noch mit keinem Verkehrsminister so gewesen. "Da war keine Kommunikationsebene vorhanden."

Seit Christian Bernreiter das Amt übernommen hat, habe sich das verbessert. Schreyers Amtszeit fiel zwar unter Corona – aber trotzdem findet Reiter: "Es geht besser."
Verbessern könnte sich wohl auch der Draht nach Berlin. Denn München plant weitere ÖPNV-Projekte. Im Winter rechnete der Kämmerer mit Kosten von 30 Milliarden Euro. Reiter appellierte deshalb, dass mehr Geld vom Bund kommen müsse – und eigentlich hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) das auch einst versprochen. "Das dürfen nicht nur Sonntagsreden bleiben", fordert der OB.