Münchens neue Super-Tram
Nach den schlechten Erfahrungen mit der Variobahn eines Berliner Herstellers bestellt die MVG jetzt acht neue Avenio-Bahnen bei Siemens.
München - Ade Berlin! Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) verabschiedet sich von dem Hersteller Stadler Pankow, der die 14 problembehafteten Variobahnen gebaut hat und die Option hatte, noch mehr Niederflurbahnen für München zu liefern. Den nächsten Schwung neue Trambahnen hat MVG-Chef Herbert König am Freitag bei Siemens bestellt. Er erteilte Jochen Eickholt, der am 1. Oktober Chef der Siemens-Sparte für alle Schienenfahrzeuge weltweit wird, den Auftrag für zunächst acht neue Züge. Kosten: 29 Millionen Euro. Die ersten so genannten Avenio-Bahnen sollen schon am 9. Dezember 2013 fahren.
Jochen Eickholt bezeichnet das neu entwickelte Modell als „modernste Straßenbahn der Welt“. Durch die schräg angeschnittene Front schaut der vierteilige Zug etwas schnittiger aus als die Variobahn, die erst nach einem quälend langen Genehmigungsverfahren in Betrieb genommen werden konnte und dann auch noch durch einen Serienschaden an den Rädern Probleme macht.
Der Avenio wird mehr Türen haben als andere Niederflurbahnen – nämlich acht. Die MVG und Siemens versprechen sich davon, dass die Fahrgäste schneller ein- und aussteigen können. „Damit können wir die Kapazität besser nutzen“, so Herbert König. Dafür wird an Sitzplätzen gespart. Insgesamt sollen die jeweils 48 Tonnen schweren Züge 215 bis 220 Fahrgäste fassen. Das Spitzentempo liegt bei 70 km/h. Auch der Akku-Betrieb, der für die Strecke durch den Englischen Garten nötig wäre, soll möglich sein.
Siemens-Mann Eick holt verspricht zudem, dass der Antrieb und die Bremsen der neuen Tram leiser werden: „Wir sind führend auf diesem Gebiet. Das kommt den Fahrgästen und vor allem den Anwohnern entgegen.“ Ob der Unterschied aber überhaupt wahrnehmbar ist, wird sich zeigen. Ein Siemens-Sprecher sprach am Freitag von 15 Dezibel Unterschied.
Die neuen Züge sind eine Weiterentwicklung der Siemens-Tram Combino Plus, die derzeit in Almada (Portugal) und Budapest (Ungarn) im Einsatz ist. Der Avenio wird im Siemens-Werk in Wien Simmering (1000 Mitarbeiter) gebaut, wo derzeit auch 21 von 67 neuen Münchner U-Bahnzügen fertiggestellt werden.
Parallel zum Trambahn-Bau wird Siemens sofort in das Genehmigungsverfahren einsteigen – sonst können die neuen Züge unmöglich schon zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 in Betrieb genommen werden. „Eine endgültige Sicherheit haben wir natürlich nicht“, sagte Herbert König. „Aber wir haben gute Hoffnung. Siemens hat eine ganze Reihe von gewichtigen Risiken übernommen.“
Mit der Aufstockung des Fuhrparks will die MVG den Trambahntakt weiter verdichten. So sollen die ersten sechs Avenios ab Dezember 2013 in der Früh auf der neuen Verstärkerlinie 28 vom Sendlinger Tor Platz zum Scheidplatz eingesetzt werden, die bis dahin erst um 9 Uhr starten. Auch die 16 nach St. Emmeram soll künftig öfter fahren. Hier ist geplant, dass die Züge nachmittags im 5-Minuten-Takt unterwegs sind.
Zwei weitere Avenio-Züge werden dann 2015 für die Verlängerung zum S-Bahnhof Berg am Laim (Tram Steinhausen) gebraucht.
Avenio, die künftige Tram für München, ist eine Neuentwicklung der Niederflurbahn Combino Plus von Siemens, die in Ungarn und Portugal in Betrieb ist.
München - Der neue Typ ist noch nirgends auf der Schiene, laut Siemens gibt es Bestellungen aus Den Haag und Katar. Laut MVG-Chef Herbert König entspricht der Avenio vom Grundkonzept der Tram Typ R 3.3, die seit 2000 zuverlässig in München im Einsatz ist.
Doch auch das Modell Combino hat schon Pleiten hinter sich. Ab 2004 führten Aluminium-Schraubsysteme zu Rissen, Pannen und Materialverschleiß. Combino geriet in Verruf. Herbert König: „Wir wurden gefragt, stürzt Ihr Euch in ein neues Abenteuer? Doch das Problem damals war ein konstruktives, kein Problem der Fahrwerke. Wir haben ein sehr gutes Gefühl, was die Hardware btrifft. Und was die Software betrifft – da weiß man vorher nie...“
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