Münchens größter Gierhals: Manager maßlos

Georg Funke flog als Vorstandvorsitzender der Hypo Real Estate. Jetzt zieht er vor Gericht: Er will 3,5 Millionen Euro Gehalt und eine dicke Rente von der enteigneten Bank - also vom Steuerzahler
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Georg Funke
dpa Georg Funke

Georg Funke flog als Vorstandvorsitzender der Hypo Real Estate. Jetzt zieht er vor Gericht: Er will 3,5 Millionen Euro Gehalt und eine dicke Rente von der enteigneten Bank - also vom Steuerzahler

Er ist eine Hassfigur, der ideale Protagonist eines in Verruf geratenen Berufsstandes: Georg Funke (55), Ex-Chef der Pleitebank Hypo Real Estate (HRE). Ein Mann, der für die Öffentlichkeit all das repräsentiert, was zur derzeitigen Bankenkrise geführt hat: Größenwahn, Machtrausch, Allmachts-Anspruch, Realitätsverlust. Und Gier.

Die letzte Eigenschaft drängt sich beim Blick auf die Klage des Ex-Vorstandes beim Landgericht München 1 geradezu auf: Der gebürtige Gelsenkircher Funke kämpft am morgigen Donnerstag um sein vermeintliches Recht. Und um Geld. Er will von den Richtern bestätigt haben, dass er Anspruch auf die Weiterzahlung seines Gehalts hat. Weil die HRE mittlerweile verstaatlicht ist, geht’s also um die Abgaben des gemeinen Steuerzahlers.

Dabei handelt es sich aus der Sicht eines Normalos um gewaltige Summen. Aus dem Blickwinkel eines mit Milliarden jonglierenden Spitzenbankers aber nur um Peanuts. Nämlich zuerst einmal um exakt 150172,03 Euro für die zwei Monate nach seinem Rauswurf.

Mit einer zweiten Klage will der Ex-HRE-Chef schon etwas lukrativere Ansprüche belegen: Er will feststellen lassen, „dass sein Anstellungsverhältnis durch Kündigung nicht aufgelöst und seine Ruhegehaltszusage zu Unrecht widerrufen wurde“, formuliert der Richter und Amtsgerichts-Sprecher Tobias Pichlmaier Funkes Intention. Das würde im Erfolgsfall bedeuten: Funke bekommt sein Vorstandsgehalt bis September 2013 weiter bezahlt. Das wären rund 3,5 Millionen Euro. Und hinterher wäre er mit jährlich rund 560000 Euro Ruhestands-Salär dabei. Das entspricht einer Monats-Rente von knapp 47000 Euro. Für diese Rentensumme müssten 39 deutsche Durchschnittsverdiener 45 Jahre lang eingezahlt haben.

Angesichts staatlicher Finanzhilfen in Höhe von über 100 Milliarden Euro für die HRE sind diese Forderungen des geschassten Geldmannes nicht viel mehr als Nebengeräusche in einem lautstarken Drama. Was sie so ganz besonders ärgerlich macht, ist ihre Symbolkraft: Dass einer den Kragen nicht voll bekommt, nachdem er ein Kreditinstitut voll gegen die Wand gefahren hat. Dass er die eigene Verantwortung für das Desaster nicht wahrhaben will und auf Verträge aus Zeiten pocht, in denen der Begriff Selbstbedienungs-Mentalität offenbar noch als höchstes Lob verstanden wurde.

„Kaum nachvollziehbare Maßlosigkeit“ wirft Marco Cabras von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) Funke vor. Für DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker ist die Klage „eine beispiellose Instinktlosigkeit: Damit disqualifiziert sich Herr Funke ein weiteres Mal selbst.“ Denn unter seiner Führung sei die HRE in eine Existenzkrise manövriert worden, die indirekt auch den gesamten deutschen Finanzsektor bedroht. Den Ex-Manager scheine das nicht zu kümmern. Ihm fehle offensichtlich „jegliche Spur von Moral“, so Hocker.

Der so Gescholtene tritt seit seinem Rauswurf nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Seinen geplanten Umzug aus dem Luxus-Landhaus in Vaterstetten in die Luxusvilla in Bogenhausen hat er offenbar gestoppt. Angeblich wurden beide Anwesen in der Zwischenzeit verkauft. An einen Auftritt Funkes vor Gericht glauben Insider nicht. Denn er ist nicht geladen und kann sich durch seinen Anwalt vertreten lassen. Der wehrte sich zuletzt gegen eine Vorverurteilung seines Mandanten. Es sei nicht in Ordnung, Funke zum Sündenbock zu machen.

Gerade das tun aber die ehemaligen Aktionäre der Pleitebank, die vor Gericht um ihr Geld kämpfen. Ihr Vorwurf: Funke habe 2008 viel zu spät auf die HRE-Probleme hingewiesen. „Ein möglicher Anspruch des Herrn Funke darf deshalb niemals zur Auszahlung kommen, sondern muss mit dem zu leistenden Schadenersatz verrechnet werden“, fordert stellvertretend für viele Betroffene Bohdan Kalwarowskyj, der mit dem Kauf von HRE-Aktien mehrere tausend Euro verlor.

Rudolf Huber

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