Münchens finsterstes Loch: Jetzt soll Licht in den Tunnel
MÜNCHEN - Die AZ zeigt die schlimmsten Schandflecke der Stadt. Den Auftakt macht die Paul-Heyse-Unterführung, die selbst ihre Besitzer für unerträglich halten. Architekten zeigen, was sich verbessern ließe
Taubendreck, Abgase, Lärm: Der Weg durch die Paul-Heyse-Unterführung ist für Fußgänger und Radlfahrer eine Tortur. Rund 210 Meter Ekel.
Der Tunnel aus dem Jahr 1908 unterquert die Bahnanlagen westlich des Hauptbahnhofs. Viele nehmen extra Umwege in Kauf, um dort nicht hindurch zu müssen. Von den Wänden bröckeln Fliesen. Im Winter wachsen Eiszapfen von der Decke.
Dieser Ort wirkt immer schmutzig. Obwohl die Stadt Straße und Gehweg fünf Mal pro Woche reinigt und die Fliesen zumindest sechs Mal im Jahr putzt. „Die Reinigungen können natürlich nicht die Bausubstanz verbessern“, heißt es im Baureferat. „Dass die Zustände nicht besonders ansprechend sind, ist klar.“ Eine Verbesserung wäre zwar wünschenswert. „Aber es ist nicht unser Bauwerk, da sind uns die Hände gebunden.“ Tatsächlich gehört es der Bahn.
Auch der zuständige Bezirksausschuss-Vorsitzende, Alexander Miklosy, appelliert an den Eigentümer, etwas zu tun. „Der Zustand ist erbärmlich. Das ist einer Großstadt und eine solch zentralen Lage unwürdig.“
Eigentlich widerspricht dem nicht einmal die Bahn. „Der Zustand der Paul-Heyse-Unterführung ist natürlich nicht schön – da stimmen wir mit jedem überein“, sagt ein Bahnsprecher. Schon wieder dieses Wort: Zustand.
Ändern soll sich trotzdem nichts. Warum? „Eine grundlegende Sanierung würde viele Millionen Euro verschlingen. Wir haben aktuell keine Planungen, weil ein solches Vorhaben sehr teuer ist.“ Bis auf weiteres werde es deshalb nur „Unterhaltungs-Arbeiten“ geben, aus Gründen der Sicherheit. Der nächste Satz des Bahnsprechers klingt fast ein bisserl nach Hohn: „Bei der hohen Konzentration an Autoabgasen kann ich mir gar nicht vorstellen, dass da so viele Fußgänger durchgehen.“
Dabei wäre es nicht schwer, die Unterführung zu verschönern. Der Architekt Michael Gaenßler erklärt, was sinnvoll und notwendig ist. „Im Moment hat der Tunnel etwas Bedrohliches. Er müsste deutlich heller sein, damit er nicht mehr nur ein finsteres Loch mit toten Tauben ist.“
Auch die maroden Wände vertragen dringend eine Renovierung. Erst danach könnte eine neue, saubere Oberfläche geschaffen werden. „Bunte Fliesen oder farbiges Blech würden für eine angenehmere Atmosphäre sorgen“, sagt der frühere Hochschulprofessor Gaenßler. „Die U-Bahnhöfe sind ein gutes Beispiel, bei denen könnte sich die Bahn etwas abschauen.“
Eine weitere Maßnahme, die den lärmgeplagten Radlern und Fußgängern im Tunnel zu Gute käme: „Man müsste die Decke abhängen – mit schallschluckendem Material.“ Die harten Oberflächen in der Unterführung reflektierten die Autogeräusche. Deshalb ist es dort so laut.
Klar ist für Fachmann Gaenßler: „Ein Ort mit Aufenthaltsqualität wird die Unterführung trotz aller Veränderungen nicht.“ Es ist und bleibt ein Platz, den die Autos dominieren. „Aber man sollte es den Passanten erleichtern, durchzukommen.“
Auch der Architekt Peter Ackermann sagt: „Oft ist mit wenigen Mitteln schon etwas getan.“ Sein Vorschlag für den ekeligen Tunnel: Licht reinbringen – durch bessere Beleuchtung und weiße Farbe.
Julia Lenders
Schreiben Sie unsHeruntergekommene Unterführungen, verkehrsumtoste Brachflächen, düstere Parkplätze – die AZ will Münchens Schandflecken in den Mittelpunkt rücken. Wo kann, wo muss die Stadt lebenswerter werden? Dazu brauchen wir Ihre Hilfe, liebe Leser. Über welche Orte ärgern Sie sich? Wo sehen Sie dringenden Verschönerungs-Bedarf? Bitte schicken Sie uns Ihre Vorschläge per Mail an lokalesaktion@ abendzeitung.de, Stichwort: Schandfleck. Oder per Post an Abendzeitung, 80265 München – das Stichwort bitte nicht vergessen.
- Themen: