Münchens braune Wölfe

Zwei- bis dreihundert Rechtsextreme gibt es laut Staatsschutz in München. Sie sind in Parteien, autonomen Gruppen und Kameradschaften organisiert. Eine Struktur, einen Kopf, gibt es aber nicht – ein loser brauner Verbund von Gleichgesinnten. Ein Blick in die Szene...
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Von der Polizei verhört: Die Münchner Sabrina und Manuel H.
Gross Von der Polizei verhört: Die Münchner Sabrina und Manuel H.

MÜNCHEN - Zwei- bis dreihundert Rechtsextreme gibt es laut Staatsschutz in München. Sie sind in Parteien, autonomen Gruppen und Kameradschaften organisiert. Eine Struktur, einen Kopf, gibt es aber nicht – ein loser brauner Verbund von Gleichgesinnten. Ein Blick in die Szene...

„Es gibt einen inneren Kreis von rund 30 bis 50 Leuten“, sagt Kriminalhauptkommissar Konrad Raab vom Staatsschutz der Münchner Polizei. „Sie alle kennen sich. Ob sie sich mögen, weiß ich nicht. Ihr Ziel aber eint sie.“

Zu den führenden Münchner Köpfen zählt Raab den Neonazi Norman Bordin, NPD-Bezirkschef Roland Wuttke und den Stadtrat der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA), Karl Richter – laut Raab ist die BIA eine „NPD-nahe“ Partei. Immer wieder organisiert der innere Kreis Demonstrationen, „Erlebniswochenenden“ oder Konzerte, etwa mit der international auftretenden Münchner Band „Die Feldherren“. Dazu treffen sie sich in Wohnungen oder am Stammtisch, je nachdem, wo ein Wirt sie toleriert. Laut Raab war die Kneipe „Fan Arena“ am Hauptbahnhof so ein Treffpunkt – bis die Polizei ihn auflöste. „Seitdem sind die Treffen zurückgegangen.“

Der NPD steht eine andere Gruppierung gegenüber - die „Freien Nationalisten“, eine Gruppe von rund 20 bis 30 Rechtsextremen. Zwei ihrer Mitglieder, das Ehepaar Sabrina (22) und Manuel H. (33), sitzen derzeit in Untersuchungshaft im Fall des Mordversuchs auf den Passauer Polizeipräsidenten Alois Mannichl. Vorwurf: Beihilfe zum versuchten Mord.

Einer der Anführer ist Philipp Hasselbach. Der 21-Jährige begann seine rechte Karriere 2003 in Essen, taucht aber Februar 2006 als Landesvorstand der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) auf. Ende April 2006 wird er gemeinsam mit den beiden anderen Vorständen Mike N. und Hayo K. wegen „finanzieller Misswirtschaft“ abgesägt – Norman Bordin übernimmt den JN-Landesvorsitz.

Die drei Geschassten gründen daraufhin die „Autonomen Nationalisten“. Diese Gruppe hat nach Angaben des Bundeskriminalamts bundesweit über 400 Mitglieder und gilt als militant. Viele vermuten in ihren Reihen auch den Messerstecher von Passau. Hasselbach leitet die Münchner Außenstelle – die Freien Nationalisten. „Auf die schauen wir besonders“, sagt Konrad Raab der AZ.

Auch Marcus Buschmüller hat ein Auge auf sie geworfen. Der Vorsitzende der „Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“, kurz: „Aida“, hält die Freien Nationalisten für den aktivsten Teil in München und für „besonders radikal und militant“. Hasselbach sieht er als „selbst ernannten Anführer“.

Nach außen hin gibt sich die Gruppe relativ harmlos: „Sie tragen coole Klamotten, die eher an die Mode linker Autonomer erinnern“, sagt Buschmüller – keine Glatzen, keine Springerstiefel, keine dumpfen Gröl-Parolen. „Sie benutzen für ihre Traktate auch keine altdeutsche Schrift, sondern moderne Zeichen. Bei Veranstaltungen spielen sie keine Märsche oder Rechtsrock, sondern Deutsch-Pop wie die der Band „Die Ärzte’“. Hinter der lockeren Fassade verberge sich aber „Nationalsozialismus pur“, sagt Buschmüller. „Sie sind bereit, aggressiv gegen Polizei und politische Gegner vorzugehen.“ Auch gegen Mannichl?

Dass die „Freien Nationalisten“ nicht zimperlich sind, sieht man an ihrer Homepage: Sie fordern eine „nationale Revolution“. Um die herbeiführen zu können, benötigten sie „keine Schafe“, steht da weiter. „Sondern Wölfe“.

tg

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