Münchens älteste Jugendherberge wird hip

Die Jugendherbergen haben ein angestaubtes Image. Doch in Münchens ältestem Haus in Neuhausen wird derzeit alles anders.
von  Eva von Steinburg
Das neue Foyer soll zum Verweilen einladen.
Das neue Foyer soll zum Verweilen einladen. © Graft Architekten

München - Harte Stockbetten, strenge Herbergsväter und Hagebuttentee – mit Jugendherbergen verbinden einige Münchner solche Assoziationen. Doch aus den Jugendherbergen von früher, mit kratzigen Decken und Wanderpflicht, sind heute schicke Übernachtungshäuser geworden, die Komfort und Privatsphäre bieten.

Wie in Neuhausen: In der Wendl-Dietrich-Straße liegt die älteste Jugendherberge Münchens, in der 62.000 Übernachtungen im Jahr gezählt werden. An das Gebäude von 1929 mit dem denkmalgeschützten und markanten Portal, wird gerade ein futuristischer Anbau gesetzt, mit Eingang am Winthirplatz. Baukosten: 31 Millionen Euro.

In der neuen, alten Herberge soll es auch eine Bühne geben

Das vierstöckige Gebäude wird in seiner "jugendaffinen und fließenden" Gestaltung, so die Beschreibung des Architekturbüros Graft aus Berlin, optisch spektakulär: Die Fassade ist auffällig, sie hat einen großen Glasanteil. "Das Haus wird lichtdurchflutet und sehr modern. Es wird aber kein störendes Element sein", sagt Marko Junghänel, Sprecher des Jugendherbergwerks in Bayern.

Das neue Foyer soll zum Verweilen einladen.
Das neue Foyer soll zum Verweilen einladen. © Graft Architekten

Das Foyer soll als "Erlebnisraum" dienen. Die zentrale, elegante Freitreppe wird eine legere Sitzgelegenheit für Gäste. Warme Verkleidungen aus Holz sollen den Speisesaal und auch die 420 Zimmer freundlich wirken lassen. Ihre Möblierung? Top-moderne Kojen mit Klappbetten und neuen Vorhangsystemen sind eingeplant. Für Stauraum sorgen die Architekten mit "robusten" Einbauschränken.

Ab Juni 2021 werden Schulklassen und Studentengruppen, aber auch Backpacker, Familien und Alleinreisende von diesem innovativen Haus mit den fließenden Formen aus die Stadt erkunden. Speziell ausgerichtet ist das Haus für Chöre, Musikgruppen und Tanzgruppen, die hier Übungsräume finden. Als "Kulturjugendherberge" wird es eine Bühne und Veranstaltungen geben. "Bei uns muss man abends nicht allein in seinem Zimmer hocken. Es gibt viele Gemeinschaftsräume zum Spiele spielen oder Fußball schauen", sagt Junghänel.

50 Euro für eine Übernachtung

Für Jugendgruppen sind die Schlafsäle mit zwölf Betten passé. Die größten sind nun Sechs-Bett-Zimmer. "Man will schon zusammen sein, aber doch eine gewisse Ruhe haben", sagt Junghänel. Die Zeit vor 40 Jahren, in denen eine Übernachtung im Schlafsaal fünf oder zehn D-Mark gekostet hat, sind allerdings vorbei. Ein Bett in Neuhausen kann schon rund 50 Euro pro Nacht kosten. Dafür gibt es im Haus WLAN, ausschließlich Bio-Produkte zum Frühstück und teilweise eigene Bäder.

Modern gestaltet: So sollen die Zimmer aussehen.
Modern gestaltet: So sollen die Zimmer aussehen. © Graft Architekten

Wegen Corona haben aktuell alle Jugendherbergen geschlossen. Gäste dürfen sie nicht mehr aufnehmen. Der Rohbau am Winthirplatz wächst jedoch ungestört in die Höhe. Eine Herberge jenseits des Hagebuttentee-Images.


Hilferuf der Jugendherbergen

Die Jugendherbergen in Bayern warnen mangels finanzieller Hilfen vor einer Schließung aller 58 Häuser im Freistaat. Die Jugendherbergen seien in der Corona-Krise bisher durch keinen Schutzschirm oder andere Unterstützungsleistungen erfasst, erläuterte der Landesverband des Deutschen Jugendherbergswerks.

"Ohne Unterstützung durch Bund und Land ist der Landesverband zur dauerhaften Aufgabe der Standorte gezwungen", warnt der Verband in einem Schreiben an Politiker in Berlin und München.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.