München: Wird der Nazibunker in der Blumenstraße zum Haus der Baukultur?
München - Die Architekturgalerie und das Stadtmodell des Planungsreferats freuen sich schon mal auf ein neues Zuhause. Denn der 1942 fertiggestellte „Blumenbunker“, der Hochbunker an der Blumenstraße in der Nähe der Schranne, soll aus der sogenannten Schutzraumbindung entlassen werden und in ein – Arbeitstitel – Haus der Baukultur verwandelt werden, ein Zentrum für Architektur und Design.
600 Quadratmeter auf sechs Geschossen stehen dafür zunächst zur Verfügung. Der zweigeschossige Dachraum mit einem sehenswerten hölzernen Dachstuhl – verborgen über einer zwei Meter dicken Betondecke – reizt zusätzlich die architektonische Phantasie.
Die heißen Vernissagen in lauen Sommernächten an der großen Freitreppe kann man sich schon jetzt bildlich vorstellen. Bei den derzeit 2,15 Meter niedrigen Innenräumen wird das schon schwieriger. Denn man möchte die Decken teilweise entfernen, dabei Galerien schaffen – und (mindestens) eine große Öffnung nach draußen, um Licht ins Dunkel zu bringen.
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Neuerungen für zwei Millionen Euro
Zudem benötigt man natürlich neue Elektro- und Sanitär-Installationen, funktionierende Fluchttreppenhäuser sowie einen Aufzug. Bei ein paar hundert Quadratmetern Nutzfläche leuchtet das ein. Dafür müssen jedoch nicht bloß die Denkmalschützer überzeugt, sondern auch etwa zwei Millionen Euro aufgetrieben werden. Public Private Partnership ist gefragt. Denn die Stadt möchte den Bunker lieber in Erbpacht abtreten, zum Beispiel an die Architekturgalerie.
Die spielt das Gebäude ab kommendem Donnerstag schon mal mit einer Preview bis Sonntag warm: mit der Lichtinstallation „Europa“ von morePlatz aus Berlin, mit einer Fotoausstellung von Atlantikwall-Bunkern von Rainer Viertlböck und mit Führungen und Vorträgen zu umgebauten Bunkern und Stadtgeschichten. Dabei ist auch das Planungsreferat mit seiner Ausstellung „Stadt Bau Plan“, die von 2004 bis zum 850. Stadtgeburtstag 2008 im Stadtmuseum gezeigt wurde und derzeit ein provisorisches Dasein in ein paar Büroräumen des Planungsreferats in der Blumenstraße fristet. Für die neue Präsentation in den jeweils etwa 100 Quadratmeter großen Bunker-Etagen soll die Schau, zu der auch ein veränderbares Stadtmodell gehört, runderneuert werden.
Außerdem stellt man sich aktuelle Ausstellungen als Ergänzung der geschichtlichen Dauerausstellung vor. Angesichts der geradezu stürmischen urbanen Metamorphose Münchens sicher keine schlechte Idee!
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Kulturelle Bunker-Umnutzung
Mit kulturellen Bunker-Umnutzungen hat München ja schon viel Erfahrung. Erst vor kurzem eröffnete etwa in der Ungererstraße der Kunstraum „BNKR“, dem die Vokale fehlen wie dem Hochbunker die Fenster. Und schon vor Jahrzehnten zeigte der stadtbekannte Kunstbunker Tumulka in der Prinzregentenstraße in so einem mehrstöckigen fensterlosen Betonwürfel mit knapp bemessenem Treppenhaus moderne Kunst – in einem düsteren, fast gruseligen Ambiente.
In diesen 90er Jahren war der Kalte Krieg weit weg. Und man konnte sich nicht mehr so richtig vorstellen, wie es ist, in Todesangst in solch einem Gebäude beim Luftangriff dicht an dicht gedrängt zu sitzen und nicht zu wissen, ob man anschließend noch eine Wohnung hat oder alles in Schutt und Asche gebombt wurde. Seit Aleppo ist das anders.
Deshalb ist es sicher nicht verkehrt, auch im Blumenbunker die Erinnerung an diesen Horror in gebauter Form (und mit Installationen) wachzuhalten. Und die düstere Historie dieses denkmalgeschützten Kriegsbaus, der pro Luftangriff etwa 1000 Menschen auf sechs Etagen das Überleben versprach, nicht mit schicker Museumsarchitektur einfach zu übertünchen.
Vorträge und Ausstellungen zum Auftakt (Hochbunker, Blumenstraße 22)
Do, 10.11., ab 19 Uhr: Einführung von Nicola Borgmann und Gerhard Gross / Vortrag: Frederik Lygn (BIG Bjarke Ingels Group) zum Bunker-Anbau des Blåvand Museum
Ausstellungseröffnung: Bunker-Atlantikwall, Fotos von Rainer Viertlböck
Lichtinstallation: EUROPA, morePlatz / Fr, 11.11., 16-21 Uhr: Ausstellung „Bunker-Atlantikwall“ und Lichtinstallation / Fr. 11.11., 17 und 19 Uhr: Führung durch die Ausstellung „stadt | bau | plan – 850 Jahre Stadtentwicklung München“ (Treffpunkt im Bunker) / Sa, 12.11., 16-22 Uhr: Ausstellung und Lichtinstallation (wie Freitag) / Sa., 12.11., 19 Uhr: Einführung: Nicola Borgmann und Stephan Reiß-Schmidt / Vortrag: Feuerle Collection, John Pawson Architects und Sammlung Boros, Petra Petersson von Realarchitektur, Petra Peterson
So, 13.11., 13-18 Uhr: Ausstellung
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