München: Warum war der Wolfsmasken-Vergewaltiger auf freiem Fuß?
München - Im Mittelpunkt des deutschen Strafrechts steht der Gedanke der Resozialisierung. Straftäter sollen eine zweite Chance bekommen.
Am 22. Februar 2010 lautete das Urteil des Landgerichts München gegen den heute 43-jährigen Christoph K. vier Jahre und elf Monate Haft wegen sexuellen Missbrauchs in 17 Fällen. Er kam in die Psychiatrie.
Im Zuge des Maßregelvollzugs fragten die Ärzte im Bezirkskrankenhaus Haar Ende 2018 bei der Staatsanwaltschaft an, ob eine Lockerung der Bedingungen möglich sei. Ein normaler Vorgang in einem Rechtsstaat, so die Staatsanwaltschaft.
"Die Entscheidung lag ausschließlich in der Verantwortung der Klinik in Haar", betont Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Ein Veto der Staatsanwaltschaft hätte nichts verhindern können. Ausschlaggebend sei, ob von einem Straftäter auch nach Jahren noch eine Gefahr für andere Menschen ausgeht.
Vier Ärzte genehmigen die Lockerung
Vier Ärzte waren in diesem Fall an dem Entscheidungsprozess beteiligt. Am Ende gaben sie grünes Licht. Es wurde die sogenannte Lockerungsstufe D genehmigt. Im November 2018 durfte der verurteilte Kinderschänder in eine gesicherte therapeutische Wohneinrichtung ziehen. Er bekam einen Job, durfte sich unter Auflagen sogar frei bewegen.
Die Fachaufsicht wird jene Entscheidung nun überprüfen. Das passiere nur in Einzelfällen, "etwa aufgrund eines gravierenden Lockerungsmissbrauchs oder einer schweren Straftat im Rahmen einer Lockerung", teilte das Zentrum Bayern Familie und Soziales – Amt für Maßregelvollzug in Nördlingen mit.
War der mutmaßliche Vergewaltiger überhaupt voll schuldfähig?
Straftäter können zu Freiheitsstrafen verurteilt werden, die in Justizvollzugsanstalten verbüßt werden, oder zum Maßregelvollzug in dafür besonders ausgestatteten psychiatrischen Kliniken und Entziehungsanstalten. Diese werden auch als forensische Kliniken bezeichnet. Das kann beispielsweise für drogenabhängige oder psychisch kranke Menschen zutreffen. Im Freistaat gibt es 14 solche Einrichtungen, in denen rund 2600 Personen untergebracht sind.
Der Ermittlungsrichter wird nun entscheiden, ob der Tatverdächtige in U-Haft bleibt oder zurück in die Obhut einer psychiatrischen Klinik überstellt wird. Gutachter müssen klären, ob der 43-Jährige voll schuldfähig ist.
Ihm drohen laut Strafgesetzbuch §176 zehn Jahre Haft. Möglich wäre, dass im Prozess gegen ihn Sicherungsverwahrung angeordnet wird, dann käme der Kinderschänder nie wieder frei.
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