München wächst - vor allem nach oben

16.000 neue Wohnungen werden bis 2030 benötigt. Aber der Platz dafür ist heute nicht da. Wie und wo das gehen kann, zeigt ein Zukunfts-Kongress
Willi Bock |
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Eine Reihenhaussiedlung alten Stils in der Bothmerstraße in Neuhausen. Ein Vorbild für Stadtplanung heute.
Eine Reihenhaussiedlung alten Stils in der Bothmerstraße in Neuhausen. Ein Vorbild für Stadtplanung heute.

16 000 neue Wohnungen werden bis 2030 benötigt. Aber der Platz dafür ist heute nicht da. Es soll dichter und höher gebaut werden. Wie und wo das gehen kann, zeigt ein Zukunfts-Kongress

München -  München ist die Boom-Stadt Deutschlands: In den vergangenen zehn Jahren ist die Stadt um 136 000 Einwohner gewachsen. Ein bisschen liegt das an der Geburtenzunahme – aber vor allem am Zuzug junger, gut ausgebildeter Menschen. Und es geht ungebremst weiter. Bis 2030 rechnet Stadtbaurätin Elisabeth Merk mit 151.000 neuen Bürgern. Dafür würden 116 000 neue Wohnungen gebraucht – und 1220 Hektar Fläche. Aber wo bauen?

München ist schon dicht. Die Stadt steht vor einem Engpass, weil die Flächen ausgehen. Vor 20 Jahren war das schon einmal so. Aber da retteten die Stadt unerwartet die riesigen Umwandlungsflächen: von der Panzerwiese bis zur Messestadt.

Die gibt es heute nicht (mehr). München erlebt auf dem Wohnungsmarkt bereits einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb: Steigende Mieten und galoppierende Grundstückspreise um bis zu 100 Prozent. Leidtragende sind vor allem jene, die in der teuren Stadt auf geförderte Wohnungen angewiesen sind.

Merk mahnt: Damit seien „zentrale Ziele der Stadtpolitik“ in Gefahr – der soziale Friede, die Sicherung der Wirtschaftskraft und das innere Gleichgewicht der Stadt.

Was tun? Das ist die existenzielle Frage, die die Stadt am 2. und 3. Februar bei einem Zukunfts-Kongress zur langfristigen Siedlungsentwicklung angehen will. In München reichten die Freiflächen heute für 62 000 Wohnungen und 2025 nur noch für 13.000, hat das Planungsreferat ermittelt.

Zur Vorbereitung hat die Stadt vier Gutachten erstellen lassen. Die zentralen Punkte: Nachverdichtung von Siedlungen, Umwidmung von Gewerbe- in Wohnflächen und neue Siedlungen am Stadtrand.

Die Punkte im Überblick:

 


 

Höher hinaus
Alle vier Gutachten kommen zum gleichen Resümee: München muss dichter und höher bauen – und darf auch Hochhäuser nicht scheuen. München wächst nach oben. Gerade entlang des Mittleren Rings und dahinter gebe es viele Möglichkeiten, Wohnhochhäuser zu errichten.

 


 

Büros zu Wohnungen
Für Büros oder Gewerbe gibt es derzeit viele ungenutzte Flächen. Darin steckt Potenzial: Bis 2014 könnten so 12 950 Wohnungen gebaut werden, so das Planungsreferat. Zum Beispiel: Auf dem Eon-Gelände an der Drygalski-Allee (1000 Wohnungen), in der Parkstadt Schwabing (bis 600), auf dem Meiller- und Diamalt-Gelände (zusammen fast 800), bei der Knorrbremse (mindestens 450) oder auf Flächen der Stadtwerke  (2500).

 


 

Dreier- statt Einzelhaus
Die Ein- und Zweifamilienhausgebiete nehmen nach Angaben der Gutachter „derzeit circa 56 Prozent der Fläche aller Wohngebiete in München ein“. Sie böten aber nur 25 Prozent der Wohnfläche. Platzvergeudung? Die Experten sehen in alten Siedlungen rund um U- und S-Bahnhöfe und in den Einfamilienhausgebieten große Potenziale: Doppel- und Dreierhäuser statt Einzelhäuser, kleinere Grundstücke, eine höhere Geschosszahl (bis zum vierten Vollgeschoss) oder Reihenhäuser. Für alle Vorschläge gebe es in Bogenhausen, Neuhausen oder Schwabing Beispiele.

Das gehe auch in alten Wohnsiedlungen wie in Fürstenried Ost: Um zwei Geschosse aufstocken und Einzelhochhäuser mit bis zu zwölf Geschossen bauen.

Sogar im dichten Bahnhofsviertel sehen die Gutachter Chancen: Man könne im Block Schiller-, Landwehr-, Schwanthalerstraße an Straßen und in Höfen höher bauen: 28,5 statt heute 25 Meter – und eines oder mehrere Hochhäuser mit bis zu 60 Metern.

 


 

Räume
Die Gutachter machen im wesentlichen drei Entwicklungskorridore aus: vom Ostbahnhof zur Messestadt, von Schwabing zum Flughafen, im Westen vom Hauptbahnhof zum neuen Freiham.

 


 

Stadtrand
Die Stadt muss auch überlegen, wie sie mit dem Stadtrand umgeht oder den Flussbereichen, welche Flächen dort bebaut werden können: Wie  im Osten entlang der Bahntrasse der S 8.

 


 

Mit den Kasernen fing es an

Den enormen Zuzug in den nächsten Jahrzehnten kann München alleine nicht stemmen. Auch das Umland muss eingebunden werden. Nicht nur, weil auch die Region wachsen wird. „Wir brauchen eine gemeinsame räumliche Entwicklungsstrategie für die Region“, sagt Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Sie sucht da seit längerem den persönlichen Kontakt zu den Umlandgemeinden.
Die Frage ist: Wie funktioniert die Region als Ganzes – aus Verkehr, Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Der Zukunfts-Kongress ist dabei der Start zu einer Diskussion über die langfristige Siedlungsentwicklung.

In den vergangenen 20 Jahren hatte München Glück: Viele Flächen wurden frei, mit denen kaum jemand vorher gerechnet hatte: Rund 650 Hektar „Konversionsflächen“. Dazu gehören: Die vielen frei gewordenen Kasernen und die Panzerwiese – Platz für rund 11 000 Wohnungen. Aktuell fängt gerade der Umbau der Funkkaserne im Norden zu einer Wohnsiedlung an. Potenziale stecken noch in der Fürst-Wrede- und der Ernst-von-Bergmann-Kaserne.

Durch den Umzug des Flughafens gibt es die Messestadt Riem (16 000 Einwohner). Durch den Wegzug der Messe entstand das Viertel auf dem alten Messegelände auf der Theresienhöhe (1400 Wohnungen). Auf dem alten Bahngelände vom Hauptbahnhof Richtung Pasing (rund 4800) oder 1100 Wohnungen auf dem Agfa-Gelände.

Ein großes Potenzial besteht auch in der künftigen Siedlung Freiham im Westen (20 000 Einwohner) oder auf einem neuen Entwicklungsgebiet östlich der Bahntrasse der S 8 zwischen Daglfing und Johanneskirchen (mindestens 12 000 Einwohner).

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